Zwischenruf

Dem Leben einen Sinn geben

von Sabrina Fuchs-El Bahnansawy, Sozialpädagogin in Wien

Gerade ist der Monat Ramadan zu Ende gegangen und meine Familie und ich haben gemeinsam das "Eid al Fitr", das Zuckerfest, gefeiert. Der Ramadan ist für uns Muslime ein ganz besonderer Monat: Wir gedenken der Herabsendung des Koran, der Rechtleitung Gottes für die Menschen und üben uns im bewussten Verzicht. Bei uns in der Familie ist dieser Monat eine sehr ruhige Zeit, in der wir uns mit unserer Beziehung zu Gott beschäftigen und auch gemeinsam darüber sprechen, was es bedeutet, Muslim oder Muslima zu sein.

Wie das Fasten gehört für uns auch das bewusste Teilen und Helfen zu den Aktivitäten im Ramadan. Die 30 Tage dieses Monats sind geprägt davon, das eigene Ego hintenanzustellen: Hunger und Durstgefühl werden überwunden. Anstatt die Lieblingsserie im Fernsehen anzuschauen, widmen wir uns dem Koran und den Lehren, die wir aus dieser Überlieferung für unser Leben und unseren Alltag ziehen können. Auch das gemeinsame Gebet in der Nacht gehört für uns als Familie zu den besonderen Momenten im Ramadan.

Die Überwindung des eigenen Egos ist jedes Jahr aufs Neue eine große Herausforderung für mich und setzt die Bereitschaft zum Gehorsam Gott gegenüber voraus. Was mich motiviert ist das Wissen, dass das Fasten unter den Gottesdiensten eine besondere Stellung hat: Es ist eine Handlung, bei der der Mensch unmittelbar und ausschließlich Gott dient. Eine Handlung, die völlig in der eigenen Verantwortung liegt.

Und genau hier ist für mich persönlich eine der wichtigen Lehren, die ich aus dem Ramadan für die restliche Zeit im Jahr mitnehmen kann: Ich bin verantwortlich für mein Handeln und auch die Gestaltung meines Lebens liegt in meiner Verantwortung. Jeder Mensch hat die Freiheit, dem eigenen Leben den passenden Sinn zu geben.

Viktor Frankl hat gesagt: "Wenn ein Mensch keinen tieferen Sinn finden kann, lenkt er sich mit Vergnügen ab", und ich denke, gerade als religiöser und gläubiger Mensch möchte ich mich bemühen, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was Recht ist, möchte in Demut der Schöpfung gegenüber sein und meine Zeit mit sinnvollen Taten füllen.

Besonders heute finde ich es wichtig, eine Haltung zu haben, die solidarisch mit Menschen ist, denen es gerade nicht gut geht, die finanzielle, aber auch mentale Unterstützung brauchen. Deswegen ist mir meine ehrenamtliche Seelsorgearbeit bei der SALAM Telefonseelsorge so wichtig - ebenso wie meine Arbeit mit Jugendlichen, die in ihrem Leben schon viele Herausforderungen meistern mussten.

Für mich ist klar, dass der Sinn eines Lebens unter anderem darin besteht, Solidarität mit Mitmenschen zu leben, sich für Gerechtigkeit einzusetzen und andere darin zu bestärken, ihren eigenen Weg zu gehen. Auch wenn ich die Welt nicht ändern kann, kann ich doch in meinem direkten Umfeld ein bisschen wirken.

Der Ramadan, dessen Ende wir gerade gefeiert haben, soll in unseren Taten und unserer Lebensführung auch die restliche Zeit des Jahres wirken. Der Koran kann uns zum Bewusstsein dessen, was Recht ist, anleiten und uns darin bestärken, nicht nur körperlich fit zu sein, sondern auch eine moralische, ethische Haltung zu leben. Diese Gedanken möchte ich meinen Kindern gerne mitgeben.

Service

Salam Telefonseelsorge

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Marwan Abado
Album: Marwan Abado - Kabila
Titel: Kabila (instr.)
Solist/Solistin: Marwan Abado /Oud
Solist/Solistin: Peter Rosmanith /Percussion
Länge: 06:20 min
Label: Iris Music 3001895

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