Milchflaschen

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Punkt eins

Lebensmittelpreise: Eine Milchmädchenrechnung?

Wie die Preise für Milch und Butter zustande kommen und wer daran verdient. Gast: Univ.Prof. Dr. Klaus Salhofer, Leiter des Instituts für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung an der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU). Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Von Gipfel zu Gipfel: die hohen Lebensmittelpreise beschäftigen nun auch die Regierung und damit die Frage, wie diese Preise zustande kommen und wie man für mehr Preistransparenz sorgen könnte. Das ist keine Milchmädchenrechnung, erläutert der Ökonom Klaus Salhofer von der Wiener Universität für Bodenkultur in dieser Ausgabe von Punkt eins am Beispiel von Milch und Milchprodukten - dem bedeutendsten landwirtschaftlichen Sektor in Österreich.

Rund 26.000 Betriebe erzeugen mit etwa 550.000 Kühen jährlich gut 3,8 Millionen Tonnen Rohmilch, wovon etwa 89 % an die 75 heimischen Molkereien und Käsereien zur Verarbeitung geliefert werden, um dann über die vier großen Lebensmitteleinzelhändler (LEH) Spar, REWE, Hofer und Lidl verkauft zu werden (BML; Statistik Austria). Womit schon die Elemente der Wertschöpfungskette genannt sind, mit denen höchst unterschiedliche Preise, Preisbegriffe und Einflussgrößen einhergehen. Wie der Verkaufspreis im Supermarkt zustande kommt, wer wie viel an einem Liter Trinkmilch verdient, wie hoch Margen, Spannen und Kosten sind - das ist höchst komplex, um nicht zu sagen: relativ schwer zu klären.

Bekannt und für jeden öffentlich ersichtlich sind die Auszahlungspreise - das Milchgeld - für Landwirt:innen in der monatlichen Veröffentlichung der AgrarMarkt Austria (AMA), der Regalpreis im Supermarkt und auch die amtlichen Preisnotierungen an den Börsen und Kommissionen. Roh- und Trinkmilch werden nicht international gehandelt, wohl aber Butter, Milchpulver und Käse; bei letzterem ist die EU auf dem Weltmarkt im Export führend. Seit die Milchquotenregelung 2015 abgeschafft wurde, spielt der Weltmarkt auch bei der Preisgestaltung eine immer größere Rolle und dabei gilt eine alte Bauernregel, sagt Klaus Salhofer: Der größte Feind des hohen Milchpreises ist der hohe Milchpreis. Während es in den vergangenen zwei Jahren für Milch steigende und geradezu rekordverdächtige Preise gab, kehrt sich der Trend am internationalen Milchmarkt nun wieder um: Seit Jahresbeginn fallen die Erzeugermilchpreise, wenn auch von einem zumeist hohen Niveau im Vergleich zum Vorjahr.

Der Milchmarkt ist generell durch starke Wellenbewegungen gekennzeichnet, erläutert Klaus Salhofer. 2017 klagten Konsument:innen zuletzt über Butter "so teuer wie nie", und 2016 die Landwirt:innen über Dumpingpreise. Während die Erzeugerpreise zwischen etwa 20 und 55 Cent pro Kilogramm (nicht Liter) Milch schwanken, bleibt der Preis im Supermarkt allerdings lange relativ konstant hoch, wenn er einmal gestiegen ist. Zugleich sind Milchprodukte ein klassischer Lockartikel des Handels.

Die "großen Vier des Handels" stehen wegen ihrer Marktmacht und ihrer Praktiken immer wieder in der Kritik, auch aktuell und regelmäßig beim Produkt Milch, hinter dem starke Abhängigkeiten stehen: da wird über Druck und Strafen geklagt, die Drohung mit Auslistung oder Absprachen und Verhandlungen. Seit Herbst läuft allgemein eine Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde. Was kann, was sollte die Politik also tun? Vor zwei Jahren mussten mit 1. Mai die EU-Mitgliedsstaaten die UTP (unfaire Handelspraktiken) Richtlinie in nationales Recht umgesetzt haben, die EU-weit einheitliche Mindeststandards schaffen soll, um unfaire Handelspraktiken des LEH einzudämmen und landwirtschaftliche Erzeuger:innen zu stärken.

Wer bekommt also wie viel vom Preis für das Viertel Butter, den Liter Trinkmilch? Wie lassen sich die Preise nachvollziehen, die Beziehungen und Abhängigkeiten skizzieren, die Einnahmen und Ausgaben gegenrechnen? Was wäre ein fairer Milchpreis, welche Rolle spielt der Lebensmitteleinzelhandel, der immer wieder betont, dass der Hauptanteil der Milch von den Molkereien direkt exportiert würde, welche Rolle spielt die Politik?

Das sind einige der Fragen, die Barbara Zeithammer an ihren Gast Klaus Salhofer hat und unsere Hörerinnen und Hörer sind wie immer sehr herzlich eingeladen, sich mit ihren Fragen und Erfahrungen - als Landwirt:in, Konsument:in, Molkerei- oder Handelsvertreter:in - zu beteiligen: unter 0800 22 69 79 kostenfrei aus ganz Österreich oder Sie schreiben uns ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Informationen:
Das Fairness-Büro
AMA Marktinformation: Milch- und Milchprodukte
Bundeswettbewerbsbehörde

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Urheber/Urheberin: Gouldman
Album: Herman's Hermits Greatest Hits
NO MILK TODAY
Ausführender/Ausführende: Herman's Hermits
Länge: 02:52 min
Label: Crystal 04850727

Komponist/Komponistin: Burke
Komponist/Komponistin: Spina
Album: Fats Waller
My very good friend the milkman
Ausführende: Fats Waller
Länge: 03:37 min
Label: RCA 90217

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