Zwischenruf

Die biblische Botschaft

von Jutta Henner, evangelische Theologin und Direktorin der österreichischen Bibelgesellschaft

Pfingstsonntag steht heute im Kalender. Ein christliches Fest, das - so denke ich jedenfalls -in geradezu idealerweise den Übersetzern und Dolmetscher:innen gewidmet sein könnte.

Geht es doch in der biblischen Erzählung vom Pfingstereignis darum, dass Menschen mit ganz unterschiedlichen Muttersprachen ganz unmittelbar verstehen konnten, was von den Jüngern Jesu öffentlich verkündet wurde.

Milliarden Menschen können heute diese Erfahrung machen, in ihrer eigenen Sprache in einer Bibel nachzulesen, "was Gott Großes getan hat", wie es die Bibel in der Pfingsterzählung formuliert. Jahr für Jahr erarbeiten Bibelgesellschaften weltweit Bibelübersetzungen in Sprachen, in denen es bisher noch keine Bibel gab. So freuten sich im vergangenen Jahr 1,8 Millionen Menschen im Norden Vietnams über die Bibelübersetzung in ihre Muttersprache Táy.

In ähnlicher Weise schenkte die Übersetzung der Bibel in Igikuria der entsprechenden Volkgruppe im Grenzgebiet zwischen Kenia und Tansania große Freude. Darüber hinaus entstehen jedes Jahr zusätzliche Bibelübersetzungen in Sprachen, in denen es bereits eine Bibel gibt, um damit beispielsweise junge Menschen oder andere Zielgruppen besonders anzusprechen.

Damit alle Menschen, wie es in der Pfingsterzählung heißt, diese Erfahrung machen können, braucht es im Sinne der Barrierefreiheit aber mehr als ein Buch, denn nicht allen Menschen ist das Lesen der Bibel möglich: Ich denke an Menschen mit Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung, denen biblische Texte in der nach ihrem Erfinder benannten "Braille-Schrift", aber auch als Hörbücher, zugänglich gemacht werden. Ich denke an Menschen, die eine der weltweit 400 anerkannten Gebärdensprachen sprechen. Erst in wenigen davon gibt es bereits Teile der Bibel - in entsprechenden Video-Clips.

Ich denke an Menschen vor allem in den Ländern des globalen Südens, denen der Zugang zu elementarer Bildung verwehrt geblieben ist. Für viele, meist weibliche, Teilnehmende eröffnen die von Bibelgesellschaften angebotenen Alphabetisierungskurse die Chance auf ganzheitlich verbesserte Lebensbedingungen - ob in Burkina Faso oder in Äthiopien, ob in Sri Lanka oder in Kambodscha, oder bei jungen Menschen der Volksgruppe der Roma in Serbien: Lesen, Schreiben und Rechnen zu können, ermöglicht überhaupt erst die aktive Teilhabe an vielen Lebensbereichen.

Ich denke an ein wegweisendes Pilot-Projekt mit Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom in Rumänien: Mit ihren ausgeprägten sozialen und emotionalen Fähigkeiten sind diese jungen Menschen mit Feuer und Flamme dabei, wenn biblische Szenen nach ihren Vorstellungen in kleine szenische Darstellungen umgesetzt werden.

Es ist noch viel zu tun, bis wirklich alle Menschen die biblische Botschaft, in der ihnen eigenen und von ihnen bevorzugten Sprache und Kommunikationsweise hören, erleben oder ausdrücken können. Wenn es darum geht, auf Menschen zuzugehen und sie anzusprechen, dürfen der Vielfalt der Wege und Methoden keine Grenzen gesetzt sein. Das ist eine zentrale Botschaft der Bibel. Hier trifft sich die biblische Botschaft mit dem Prinzip der Inklusion. Wenn beides zusammenkommt, begeistert das mich besonders!

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Youssou N'Dour
Bearbeiter/Bearbeiterin: Habib Faye
Album: SET
Titel: Medina
Solist/Solistin: Youssou N'Dour /Gesang m.Begl.
Länge: 03:22 min
Label: Virgin 260982

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