Tycoon, Witzfigur, Ministerpräsident

14. Juni 2023, 13:00

Er war vulgär und häufig lächerlich und die laufenden Prozesse und Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung und des Verdachtes auf Sex mit Minderjährigen waren seiner Glaubwürdigkeit nicht zuträglich - trotzdem aber definierte der am Montag verstorbene Medienunternehmer Silvio Berlusconi eine ganze Ära der europäischen Politik. Während seiner drei Perioden als Ministerpräsident von Italien gab er der Politik neue Spielregeln und schlug mit seiner Partei Forza Italia - unterstützt von seinem Medienimperium - einen neuen, populistischen Ton an, der mit einem Erfolg weit über die Grenzen Italiens hinaus eine neue Form der mediengetriebenen Politik erprobte.

Sogar seine größten Gegner bewunderten Berlusconi für seine schamlose Übernahme politischer Diskurse und neuer Wählergruppen und eine Politik, die im Wesentlichen daraus bestand, dass er sich ohne eine konkrete politische Vision oder Politik zu verkörpern als Star definierte, der zwischen seiner Yacht auf dem Mittelmeer in der Gesellschaft von Filmstars und Prominenten und seinen sagenumwobenen Bunga-Bunga-Partys, eine Persona aufbaute, wie sie kein Politiker vor ihm besessen hatte - und wenn, dann am ehesten Benito Mussolini.

ORF-Italien-Korrespondentin Cornelia Vospernik hat seit vielen Jahren die Karriere Berlusconis, den Aufstieg des Populismus in Italien und den Wandel der politischen Kultur aus erster Hand miterlebt und beobachtet. Im Gespräch mit Philipp Blom spricht sie direkt aus Neapel über die Veränderungen der italienischen Gesellschaft und ihre Diskussionen und über Berlusconi als Wegbereiter einer Politik, die sich nicht nur in Italiens neofaschistischer Ministerpräsidentin Georgia Meloni, sondern auch in Figuren wie Donald Trump oder dem in Ungnade gefallenen britischen Ex-Premier Boris Johnson ausdrückt.

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