Leben in Zeiten der Transformation

18. Juni 2023, 06:55

Es ist jetzt schon 13 Jahre her. Ich war auf den Philippinen, bei einer internationalen theologischen Versammlung. Da hat ein Team aus Bolivien ein Konzept für die christliche Mission präsentiert, das mich beeindruckte. Und heute finde ich dieses Konzept aktueller denn je. Mission als "Trasitoriedad". Ich scheiterte damals schon bei der Übersetzung, und bis heute fällt es mir schwer, einen adäquaten Ausdruck auf Deutsch für dieses Wort und das damit Gemeinte zu finden. In etwa bedeutet es "Übergänglichkeit". Vielleicht auch "in Übergängen leben". Oder, noch besser: Christliche Mission meint, Transformationen zu gestalten. Sie hat mit Wandlung zu tun, mit Verwandlung, mit Transformation.

Natürlich hat mich das spontan erinnert an meinen Aufbruch nach Brasilien. Als junger Steyler Missionar ging ich dorthin, um in einer sozial engagierten und befreiungstheologisch ausgerichteten Kirche mitzuarbeiten. Zuerst war aber ein Hinübergehen in ein anderes Land angesagt, das Erlernen einer anderen Sprache. Transformation eben. Es hieß, Samba statt Walzer zu tanzen. Und die Option für die Armen war wichtiger als die Händewaschung bei der Gabenbereitung in der Messe.

Christsein als ein "Leben in Übergangen" fordert aus meiner Sicht dazu heraus, Transformationen aktiv mitzugestalten. Letztlich geht es um die große Transformation hin zu Gerechtigkeit und Frieden, zu einem Leben in Würde für alle Menschen. Es geht um die Transformation unseres Zusammenlebens, damit das Gute Leben für alle möglich wird. Und wenn ich alle sage, dann meine ich wirklich alle Geschöpfe Gottes, seine ganze Schöpfung.

Dass es Veränderung braucht, ist offensichtlich. Vor allem die sich zuspitzende ökologische Krise macht es deutlich. Was würde es da bedeuten, die Perspektive des Jesus von Nazareth einzunehmen? Wo Neues am Entstehen war, das ein Mehr an Gerechtigkeit und Frieden ermöglichte. Da hat er sich eingesetzt. Er hat Verbündete gesucht und sich mit anderen zusammen eingesetzt für das Gute Leben.

Ich bin überzeugt davon: Damit dieser große Übergang gelingt, dieser umfassende Wandel, müssen kleine Übergänge und Veränderungen gestaltet werden, im persönlichen Leben genauso wie im Zusammenleben in der Gesellschaft und in den großen Systemen von Politik und Wirtschaft. Dann ist es nicht egal, ob ich mit dem Fahrrad und den Öffis fahre oder mit dem Auto. Dann ist es nicht egal, ob eine neue Schnellstraße gebaut wird oder eine neue Bahnstrecke. Alles hängt zusammen, alles ist miteinander verbunden und jeder kleine Beitrag zählt.

Aus Angst vor Veränderung wollen manche die Grenzen hochziehen und sich einbunkern in der Vergangenheit. Bedrohlich sind für mich nicht die Veränderungen, sondern jene Gruppen und Mächte, die keine Veränderung wollen. Sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft. Hoffnung gibt es für mich durch das Ja zu einem Leben in Übergängen. Durch ein aktives, verantwortliches Mitgestalten dieser Übergänge. Das wäre doch, in der Spur Jesu, eine "Mission" für Christinnen und Christen. In Zusammenarbeit mit all jenen, die sich für dieselben Ziele einsetzen. Ich bin dabei!

Sendereihe

• Zwischenruf

Gestaltung

• Brigitte Krautgartner