Medizin und Gesundheit

Mannigfaltige Auswirkungen auf Körper und Psyche

Erkrankungen der Schilddrüse

"Jedes Organ, jede Zelle braucht Schilddrüsenhormone, um funktionieren zu können", erklärt die Fachärztin für Innere Medizin und Nuklearmedizin Dr.in Eva Petnehazy. Man kann diese nur 20 Gramm schwere Drüse als das Gaspedal unseres Organismus bezeichnen. Die beiden Hormone T3 und T4 bestimmen die Geschwindigkeit der Stoffwechselvorgänge. Somit nimmt die Schilddrüse Einfluss auf Eiweiß, Fett- und Zuckerstoffwechsel, Mineralstoff- und Wasserhaushalt und letztlich auch auf die Gemütslage, das Herz-Kreislauf-System, das Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln sowie die Sexualität.

Klein, aber oho

Das zarte, schmetterlingsförmige Organ ist jedoch auch recht störungsanfällig. Zwischen 10 und 15 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher leiden an einer Unterfunktion (Hypothyreose). Diese wird häufig durch eine Hashimoto-Thyreoiditis hervorgerufen, die zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse führt. Das Organ schüttet dann zu wenige Hormone aus, unser Körper wird auf Sparflamme heruntergedrosselt. Chronische Müdigkeit, verlangsamter Herzschlag, Verstopfung, Antriebsschwäche und Depressionen können die Folge sein.

Wenn das Gaspedal durchgetreten wird

Rund 150.000 Personen sind hierzulande andererseits von einer Überfunktion (Hyperthyreose) betroffen. Die Schilddrüse produziert ihre beiden Hormone zu fleißig. Das führt zu Gewichtsverlust, übermäßigem Herzklopfen, Schwitzen, Herzrhythmusstörungen, Schlaflosigkeit, innerer Unruhe und Durchfällen. Eine häufige Ursache für eine Überfunktion ist die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow.

Der Kropf

Neben den Funktionsstörungen gibt es auch Organveränderungen, früher Kropf genannt. Heute sind sie unter dem Namen Struma oder Schilddrüsenknoten bekannt. "Zwei Drittel aller Menschen haben solche Knoten, aber die meisten sind gutartig", so Dr.in Eva Petnehazy.

Frauen sind häufiger betroffen

Frauen leiden häufiger unter Schulddrüsenfunktionsstörungen als Männer. Sogar das Zusammenspiel der Geschlechtshormone kann durch eine Erkrankung dieses Organs gestört werden. Laut Dr.in Miriam Promintzer-Schifferl, Fachärztin für Innere Medizin, spezialisiert auf Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, können also auch ein unerfüllter Kinderwunsch oder Aborte hier die Ursache haben. Auch Beschwerden, die vermeintlich den Wechseljahren zugeschrieben werden, lassen sich manchmal durch eine Fehlfunktion der Schilddrüse erklären. So etwa Haarausfall oder Schweißausbrüche.

Die Behandlungsmöglichkeiten

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion werden die fehlenden Hormone substituiert. Mittlerweile gibt es dafür den bioidenten Hormonersatz, also Schilddrüsenextrakte von Schwein und Rind. Doch Dr.in Eva Petnehazy gibt zu bedenken: "Die menschlichen Hormone unterscheiden sich von den tierischen und daher sind diese Präparate nur ein unzureichender Ersatz."
Bei einer Überfunktion wird versucht, die Aktivität der Schilddrüse zu hemmen und so den Hormonspiegel zu normalisieren. Eine Hyperthyreose kann durch Medikamente, die Radiojodtherapie oder eine OP behandelt werden.

Operative Strategien

Eine Operation kommt neben bestimmten Fällen der Überfunktion auch bei Krebsverdacht oder einer Schilddrüsenvergrößerung, die mit einem mechanischen Druck auf die Luft- oder Speiseröhre einhergeht, zum Einsatz. Prim. Univ. Prof. Dr. Michael Hermann, Vorstand der größten österreichischen Abteilung für Schilddrüsenchirurgie, erklärt: "Wenn die Operation mit dem richtigen Verfahren durchgeführt wird und es sich nicht um ein hohes Tumorstadion handelt, dann ist sie mit einer hohen Erfolgsrate gekrönt."

Moderation: Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos
Sendungsvorbereitung: Lydia Sprinzl, MA.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich


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Service

Gast im Ö1-Haus:

Dr.in Miriam Promintzer-Schifferl
Fachärztin für Innere Medizin, Additivfach Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen
Schilddrüsenpraxis Josefstadt
Laudongasse 12/8
1080 Wien
Tel.: 01 4032920
E-Mail
Homepage

Gäste am Telefon:

Dr.in Eva Petnehazy
Fachärztin für Innere Medizin, Fachärztin für Nuklearmedizin
Institut für Schilddrüsendiagnostik und Nuklearmedizin Gleisdorf
Business Park 2
8200 Gleisdorf
Tel.: 03112 385 30
E-Mail
Homepage

Prim. Univ. Prof. Dr. Michael Hermann
Facharzt für Chirurgie
Vorstand der Chirurgischen Abteilung
Referenzzentrum für Schilddrüsen- u. Nebenschilddrüsenchirurgie
Klinik Landstraße
Juchgasse 25
1030 Wien
Tel.: +43 1 71165-4101
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:


Österreichische Schilddrüsengesellschaft

Österreichische Gesellschaft für Nuklearmedizin
Kepler Universitätsklinikum: Knoten in der Schilddrüse. Was bedeutet das?

Gesundheitsinformation.de: Schilddrüsenunterfunktion

Krankheiten/stoffwechsel/schilddruesenerkrankungen/schilddruese-aufgaben.html|Gesundheit.gv.at: Schilddrüsenüberfuntion
Deutsches Schilddrüsenzentrum: Schilddrüsenkrebs (Struma maligna)
Michael Hermann: Wie viel Gewebe muss entfernt werden? Die Operationsverfahren
Das österreichische Schilddrüsenforum
Forum Schilddrüse (Deutschland)
Deutsches Schilddrüsenzentrum: Schilddrüse und Kinderwunsch

Österreichische Selbsthilfegruppe für Schilddrüsenkarzinom

Schilddrüsen Liga Deutschland
Jodbroschüre der Österreichischen Schilddrüsengesellschaft
NDR: Schilddrüse: Basedow und Hashimoto behandeln

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