Goldrahmen

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Punkt eins

"Erbschaft gehört abgeschafft!"

Neue Wege zu mehr Verteilungsgerechtigkeit. Gast: Prof. Dr. Stefan Gosepath, Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin. Moderation: Alexander Musik. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

"Erbschaft gehört abgeschafft", sagt Prof. Dr. Stefan Gosepath, praktischer Philosoph an der Freien Universität Berlin: "Es ist eine ungerechte Lotterie, weil es der pure Zufall ist, ob ich reiche Eltern hatte oder nicht. Erbschaften verletzen wesentlich die Chancengleichheit".

Der Aufschrei nach solchen Thesen lässt in der Regel nicht lange auf sich warten: Haben Familien, die etwas zu vererben haben, es nicht verdient, dieses Erbe an die nächste Generation weiterzugeben? Schließlich haben sie es sich doch erarbeitet! Was ist mit mittelständischen Familien, die ihren Firmenbesitz nicht mehr an ihre Kinder weitergeben dürften? Welche psychologischen Konsequenzen hat es, wenn Menschen wissen, dass die Früchte ihrer Arbeitsleistung mit ihrem Tod verfallen?

Das am häufigsten in diesem Zusammenhang an die Wand gemalte Schreckensszenario ist das des armen Häuslebauers, der nur so lange Eigentümer seiner Immobilie ist, so lange er oder sie lebt.

In Österreich ist die Erbschaftssteuer seit 15 Jahren abgeschafft. Seitdem geht dem Staat bei geschätzten 30 bis 40 Milliarden Euro jährlich an vererbtem Vermögen so einiges an Steuereinnahmen verloren. Ein Vorschlag der SPÖ von vergangener Woche, abgelehnt von ÖVP und FPÖ, nimmt einen neuen Anlauf, um Österreichs Millionäre bzw. deren Erben zu besteuern. Die SPÖ will eine "faire Abgabe" für Erbschaften ab 1 Million Euro, heißt es auf der SPÖ-Homepage. Um gleich darauf Entwarnung zu geben: "Kleine Häuselbauer sind davon nicht betroffen".

Nach Schätzungen der Nationalbank besitzt das reichste eine Prozent der Bevölkerung die Hälfte des privaten Nettovermögens, schreibt Barbara Blaha, Leiterin der Denkfabrik Momentum Institut.
Dieses frappierende gesellschaftliche Ungleichgewicht - nicht nur in Österreich - hat der Gerechtigkeitsforscher Gosepath im Hinterkopf, wenn er an eine Erbschaftssteuer in Höhe von 100 Prozent denkt. Die so neu lukrierten Steuer-Milliarden sollen dann möglichst breit ausgeschüttet werden - für Bildung und Gesundheitsvorsorge. Das vor dem Hintergrund, dass "wir die moralische Verpflichtung haben, die Welt immer gerechter zu machen, damit alle die gleichen Startchancen haben."

Gosepath weiß selbst, dass seine Vorschläge radikal sind. Zum Beispiel der, dass Eigentum mit dem Tod endet, eine Idee, die auch unter den Protagonisten der Französischen Revolution diskutiert wurde. Als Philosoph nimmt er sich diese Radikalität heraus - schließlich gehe es um nicht weniger als um die Gefahr, dass die Demokratie untergraben werde, wenn die Vermögen von Generation zu Generation weiter so ungleich weitergegeben würden wie bisher.

Alexander Musik spricht mit Prof. Dr. Stefan Gosepath vom Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin. Welche Folgen hätte es, wenn das Erben vor hohe Hürden gestellt würde - für den Einzelnen und die Gesellschaft? Ist das Erben ein unabdingbarer Mechanismus für den Erhalt der Familie, der "Keimzelle des Staates", und seine Volkswirtschaft?

Wie immer sind Sie eingeladen, sich an der Sendung zu beteiligen. Kostenlos aus ganz Österreich können Sie uns unter 0800 22 69 79 erreichen; oder Sie schreiben uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Alexander Musik

Playlist

Komponist/Komponistin: Erwin Schulhoff
Album: Duos for Violin & Violoncello
Titel: Duo für Violine und Cello
* II. Zingaresca Allegro giocoso
Ausführende: Liza Ferschtman, Geige
Ausführende: Dmitry Ferschtman, Violoncello
Länge: 03:11 min
Label: Challenge Classics CC 72542

Komponist/Komponistin: Karl Philipp Stamitz (1745 - 1801)
Titel: Duetto No. 1 in C-Dur
* I. Moderato
Ausführende: Tony Rous, Geige
Ausführende: Suzan Rous-Woelderink, Bratsche
Länge: 04:33 min
Label: DMP Records DVH 140189

Komponist/Komponistin: Erwin Schulhoff
Album: Duos for Violin & Violoncello
Titel: Duo für Violine und Cello
* III. Andantino
Ausführende: Liza Ferschtman, Geige
Ausführende: Dmitry Ferschtman, Violoncello
Länge: 04:09 min
Label: Challenge Classics CC 72542

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