Martin Haselböck

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Gedanken für den Tag

Anton Heiller und J.S. Bach

Martin Haselböck, Organist und Dirigent, zum 100. Geburtstag von Anton Heiller

Für den großen Organisten Anton Heiller waren die Werke Johann Sebastian Bachs Zentrum seines Repertoires, das er in unzähligen Konzerten in ganz Europa und Nordamerika zum Klingen bringen konnte. Als Interpret, auch als Lehrer zeigt er einen neuen Weg für die Interpretation dieser Meisterwerke auf.

1908 schrieb Albert Schweitzer in seiner großangelegten Bach-Biografie über rhetorisch-musikalische Figuren, die Johann Sebastian Bach in seinen Werken gleichsam als Subtext, als zweite Sprache neben der Musik einsetzen würde. Das "Orgelbüchlein ist das Wörterbuch der musikalischen Symbole", schrieb er. Dennoch dauerte es noch weitere 50 Jahre, bis dieses Wörterbuch verstanden und für die Deutung der musikalischen Sprache Bachs genutzt wurde.

Für uns Organisten war es Anton Heiller, der uns das Orgelwerk Bachs auf neue Art eröffnete. Die neuen Erkenntnisse führten auch zu einer völlig neuen Art der Bach Interpretation. An die Stelle eines mechanischen Non Legatos trat die affektgeladene Darstellung der musikalischen Figuren in einer vielfältig abwechslungsreichen Artikulation. Hier wurde eine Entwicklung angestoßen, die das Bach-Spiel grundsätzlich verändern sollte: die Schüler-Generation verbreitete den neuen Stil weltweit, in seiner Deutung der Orgelchoräle, aber auch der freien Orgelwerke zeigte uns Anton Heiller, dass Bach in seiner Musik nicht nur Klangredner, sondern Klangprediger mit tiefen religiösen Botschaften ist.

Für das breite Wiener Publikum blieb Heiller zu Lebzeiten der Prophet im eigenen Land: Während im Wiener Musikverein Bachs Orgelwerke bei ausverkauftem Haus in alter traditioneller Form gespielt wurden, spielte Heiller das Bachsche Orgelwerk für eine verschworene Fan-Gemeinde im Mozart-Saal des Konzerthauses. Dennoch - unsere heutige Art, barocke Musik und hier besonders die Musik Bachs zu interpretieren, ist ohne Anton Heiller undenkbar.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach 1685 - 1750
Titel: Toccata und Fuge für Orgel in d-moll BWV 538 (QS01/UK24277_H)
Solist/Solistin: Anton Heiller
Länge: 15:10 min
Label: Peters

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