Die Welten des Pablo Neruda - Weltensammler

18. September 2023, 06:57

"Ich bin ein Allesfresser von Gefühlen, Menschenwesen, Büchern, Ereignissen und Schlachten" - so notiert es in seinen Memoiren ein gewisser Ricardo Eliécer Neftalí Reyes Basoalto, den die Welt als einen der bekanntesten Dichter des 20. Jahrhunderts meist nur unter seinem Künstlernamen kennt: Pablo Neruda.

Geboren am 12. Juli 1904 im Süden Chiles, weist zunächst wenig daraufhin, dass dieser Name des Sohnes eines Lokomotivführers und einer Lehrerin einmal weltweit Straßen, Bibliotheken und Wohnsiedlungen schmücken würde, sowie die Medaille des Nobelpreises für Literatur. Nerudas Persönlichkeit ist so komplex und gewaltig wie sein Werk:

Der größte Barde Lateinamerikas war er, zugleich ein linientreuer Kommunist, der Loblieder auf Stalin sang und, wie man heute vermutet, vor genau 50 Jahren von Pinochets Schergen vergiftet wurde. Am Anfang aber stand die Rastlosigkeit des Dichters, die ihn aus dem verregneten chilenischen Süden in die Welt hinaustrieb. Ihr widmete er in seinen "Elementaren Oden" ein Gedicht, wie vielen anderen großen Gefühlen, aber eben auch den alltäglichsten Gegenständen von der Seeaalsuppe bis zum Bindfaden.

Neruda träumte nicht von der Poesie als Fluchtort jenseits der Wirklichkeit. Er war ein obsessiver Sammler von Dingen, Bildern und Welten, dazu ein Sprachvertilger mit unstillbarem Hunger nach den Wörtern selbst: "Ich fange sie im Flug, wenn sie summen, und halte sie fest, reinige sie, schäle sie, setze mich vor den Teller, fühle sie kristallin, zitternd, aus Ebenholz, pflanzlich, ölig, wie Früchte, wie Algen, wie Achte, wie Oliven... Dann lasse ich sie kreisen, bewege sie, schlürfe sie, verschlinge sie, zermalme sie, putze sie heraus, befreie sie."

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler