Ganz im Durchschnitt: Herr Palomar

10. Oktober 2023, 06:57

Unter den Autorinnen und Autoren gibt es zwei Spezies. Die einen schreiben fortwährend an einem einzigen Buch, bei den anderen ist jedes Buch völlig anders. Meister im Hyperrealen wie im Surrealen gehört Italo Calvino zur zweiten Art. Abwechselnd schreibt er Fantastisches, bricht Fiktionen oder erzählt hintersinnige reale Geschichten.

Das letzte Buch, noch zu Lebzeiten des 1985 verstorbenen Autors erschienen, heißt ganz schlicht "Herr Palomar". Palomar ist eine Spielfigur, ein unspektakulärer Durchschnittsmensch wie Brechts Herr Keuner, der von verblüffenden alltäglichen Vorkommnissen erzählt. Wie sich am Strand verhalten, wenn eine attraktive Frau mit nacktem Oberkörper am Strand liegt? Demonstrativ wegschauen oder ihn scheinbar nebenbei als Teil der Meereslandschaft in Augenschein nehmen oder doch hinschauen, weil das wenigstens nicht rückschrittlich ist? Wie kann man einzelne Wellen im Meer betrachten und "lesen", wo sie doch hinter- und miteinander an den Strand klatschen? Gleichnisse des Paradoxen. Wie man es macht: Es ist immer falsch.

Herr Palomar versucht auch, sich zuerst dreimal auf die Zunge zu beißen, bevor er spricht, er verzweifelt am Dialog mit der Jugend und versucht, das Totsein zu lernen, was mit dem sozialen Tod beginnt, bei dem sich das Verhältnis von Mensch und Welt lockert, bis man gar nicht mehr bemerkt wird und dem Vergessen anheimfällt, so dass man keine Verantwortung mehr zu übernehmen braucht.

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler