Ein Akrobat der Sprache

14. Oktober 2023, 06:57

Die Physik ist nichts als die Lehre von der Fantasie, hat der deutsche Romantiker Novalis einmal geschrieben. 1984 hat der italienische Erzähler Italo Calvino seine Version vorgelegt, Natur und Evolution in knappen kosmischen und doch ausufernden Texten mit komischer Unterlage zu erzählen, Fantasien und Fantastisches über Sonne, Mond und Erde, erfindungsreiche Anekdoten über die biologische Evolution. Ein Erzähler plaudert gedehnt, immer wieder den Atem anhaltend, aus den Tiefen der planetarischen und kosmischen Zeiten. So etwa, wie die Seetiere - Fische - beschließen, das Leben im Wasser aufzugeben und im Geist der Evolution Leben auf dem "Trockenen" zu erproben.

Calvino bricht das planetarische und kosmische Geschehen auf Familiengeschichten herunter. So kommt es, dass der mächtige Onkel weiterhin im Wasser leben möchte und für dieses regressive Verhalten sogar die zunächst evolutionsbereite Gefährtin des Erzählers für die Reproduktion zu gewinnen vermag. Nicht zuletzt, weil er die Mahlzeit im Wasser - frische Krebse - den Schaben auf der Erde vorzieht. Melancholisch zieht ein einsamer Dinosaurier über die Erde, bis er auf eine verwaiste Gattungsgefährtin trifft, die freilich nicht mehr weiß, dass sie eine Dinosaurierin ist. So ungleichzeitig ist das Artensterben.

Richtig angespannt geht es zum Zeitpunkt des Uhrknalls zu, von dem Calvinos zeit- und raumloser Erzähler berichtet. Wo alles auf einen Punkt reduziert ist, da gibt es weder Raum noch Zeit, sondern nur Zank. "Wenn draußen die Vergangenheit ist, konzentriert sich die Zukunft im innersten Punkt."

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler