Rohre

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Medizin und Gesundheit

Das Reizdarmsyndrom - eine Million Menschen betroffen


Es ist kaum zu glauben. Am Reizdarmsyndrom und ähnlichen Beschwerdebildern leiden etwa eine Million Menschen in Österreich. Es handelt sich also um das häufigste Erkrankungsbild.
Stellen Sie sich vor: Sie haben ständig Krämpfe, Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Übelkeit, Brechreiz, Völlegefühl und Schmerzen. Das kann die Lebensqualität verständlicher Weise massiv beeinträchtigen.
Die Diagnose ist schwierig und viele der Betroffenen suchen jahrelang reihenweise Ärzte auf, ohne dass Ihnen geholfen wird. Für Hilfe wollen wir heute sorgen.

Mögliche Ursachen eines Reizdarmsyndroms

Da gibt es leider sehr viele.
Bewegungseinschränkungen des Darmes, bakterielle Lebensmittelinfekte, Veränderungen der Darmflora und Entzündungen der Darmwand, Stress, die Einnahme von Medikamenten, Narben nach Operationen, eine undichte Klappe zwischen Dünn- und Dickdarm, bestimmte Ernährungsgewohnheiten, eine Schilddrüsenunterfunktion, ein Mangel an Verdauungsleistung (zu wenig Enzyme der Bauchspeicheldrüse und der Galle) etc.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten und ein Leben unter Druck

Daniela Mulle, Diätologin & Ernährungswissenschafterin: "Die Unverträglichkeiten auf Fruktose, Laktose, Sorbit und Co. sind zusammen genommen sehr häufig. Ohne der entsprechenden Ernährungstherapie können sie eine Ursache für SIBO darstellen. Was aber von vielen Betroffenen und auch vom medizinischen und therapeutischen Fachpersonal unterschätzt wird, ist die Bedeutung von Stress und Angst. Diese haben einen großen Einfluss auf die Funktion des Darmes."

Eine neue, heiße Spur namens "Sibo"?

"In den vergangenen Jahren zeigten mehrere Studien, dass bei der Mehrzahl, der von Reizdarm-Betroffenen, eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms die wahrscheinliche Ursache ist," so die Medizinerin Barbara Kaspar.
Sibo bedeutet "Small Intestinal Bacterial Overgrowth". Mit anderen Worten - in Dünndarm finden sich Bakterien, die dort nichts verloren haben und die Beschwerden auslösen.
Die Reizdarmexpertin Barbara Kaspar: "Normaler Weise leben nur sehr wenige Bakterien im Dünndarm. Die Magensäure, die Selbstreinigung des Dünndarmes, Verdauungssekrete und eine intakte Klappe zwischen Dünn- und Dickdarm sorgen dafür."
Diese Schutzmechanismen können gestört werden: durch Antibiotika, Magensäure-Hemmer wie Protonenpumpenhemmer, Antibiotika oder Schmerzmittel, eine Besiedelung durch Pilze usw.

Sinnvolle Behandlung von Sibo

Die Medizinerin Barbara Kaspar: "Zunächst versucht man die Dünndarmbakterien auszuhungern. Der Nahrung werden fermentierbare Kohlenhydrate (Fodmaps) entzogen. Dann arbeite ich mit pflanzlichen oder auch synthetischen Antibiotika, um die Bakterien im Dünndarm abzutöten. In der letzten Phase wird die Schleimhaut in diesem Bereich wieder aufgebaut. Und regelmäßige Bewegung ist wichtig."

Die Farm im Darm

Natürlich haben all diese Phänomene mit den Bakterien, Pilzen, Viren, Archaeen etc. zu tun, also mit der Darmflora.
Die genauen Zusammenhänge sind aber noch nicht entschlüsselt.
Klar ist: Große Teile des Immunsystems befinden sich im Darm.
Die Gastroenterologin Vanessa Stadlbauer-Köllner ist eine der führenden Forscherinnen für das Mikrobiom des Darms: "Ungefähr 25 Prozent aller Medikamente beeinflussen die Zusammensetzung des Darmmikrobioms signifikant. Und das Mikrobiom kann neben Erkrankungen des Magen-Darmtraktes auch weitere Störungen des Stoffwechsels, der Leber, des Immunsystems, der Lunge, des Gehirns mitverursachen."

Übergewicht und das Mikrobiom

Vanessa Stadlbauer-Köllner: "Ob jemand übergewichtig wird oder nicht, hat auch mit der Darmflora zu tun. Unsere Ernährungsweise mit viel Fett, Zucker und industriell gefertigten Lebensmitteln verringert die Vielfalt der Darmbakterien. Es kommt zu einer Zunahme von Bakterien aus der Familie der Firmicutes und zu einer Abnahme von jenen aus der Bacteroidetes-Familie - das begünstigt die Gewichtszunahme."


Moderation: Dr. Ronny Tekal
Sendungsvorbereitung: Dr. Christoph Leprich
Redaktion: Dr. Christoph Leprich


Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Haben Sie immer wieder unklare Beschwerden im Magen-Darm-Bereich?
Leiden Sie unter Verstopfung oder Durchfall und es kann keine Ursache gefunden werden?
Welche Therapiemöglichkeiten haben Sie bereits ausprobiert?
Würden Sie sich mit Hypnose oder Psychotherapie helfen lassen?
Haben Sie gelernt - trotz Reizdarm-Syndrom - Ihr Leben in den Griff zu bekommen und möchten darüber erzählen?

Service

Dr.in Barbara Kaspar
Schönbrunner Str. 14a/2-3
1050 Wien
E-Mail
Homepage

Mag.a Daniela Mulle, Diätologin & Ernährungswissenschafterin
Wiesingerstraße 3/19
1010 Wien
E-Mail
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Expertin am Telefon:
Assoz. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in MBA Vanessa Stadlbauer-Köllner, führende Forscherin für das Mikrobiom des Darms, Fachärztin für Gastroenterologie u. Hepatologie, Leiterin der Ambulanz für Transplantation und seltene Erkrankungen, Klinische Abteilung für Gastroenterologie u. Hepatologie der Meduni Graz
Auenbruggerplatz 15
8036 Graz
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Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Umfassende Informationen von einem deutschen Experten

Das menschliche Mikrobiom

Die Darmflora - kaum entschlüsselt

Meduni Wien: Reizdarmsyndrom: Hypnose bleibt eine der effektivsten Behandlungsoptionen

Informationen über Hypnosetherapie gegen Reizdarmsyndrom

Spezialambulanz für gastroenterologische Psychosomatik AKH Wien

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