Der Endlichkeit eine Struktur abringen

14. November 2023, 06:57

Zahlen belegen überzeugend, dass der moderne, säkulare Mensch zwar ohne Religion leben kann, aber nicht ohne Ritual. Letzteres bleibt uns in der Form erhalten, selbst wenn sein ursprünglicher Inhalt verblasst ist.

Das jeweilige religiöse Bekenntnis ist nicht mehr ausschlaggebend, ob man Ostern, Weihnachten und Valentinstag, das Zuckerfest, Diwali oder Chanukka feiert. Diese ritualisierten Feste weisen zwar noch auf eine transzendente Bedeutungsebene hin, auf höhere Sinnzusammenhänge, äußern sich aber in Praktiken, die alltagstauglich und für jede Brieftasche ausführbar sind.

Rechtzeitig vor den jeweiligen Festivitäten werden zu diesem Zweck haufenweise Tipps und Tricks publiziert, freilich nicht nur aus rituellem, sondern auch aus kommerziellem Interesse.

Das Besondere an Ritualen ist aber, dass sie so allgemein gehalten sind, dass sie dadurch zu stiften vermögen, was viele von uns in einer zunehmend digital entgrenzten und geopolitisch unübersichtlichen Welt vermissen: einen kollektiven Rhythmus, der der zwiespältigen Erfahrung unserer eigenen Endlichkeit eine Struktur abringen kann.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler