Kammermusik eines Großen

27. Dezember 2023, 10:05

Er war der Größten einer - besonders und in doppeltem Sinne zu Lebzeiten: Fast zwei Meter maß der gebürtige Braunschweiger Louis Spohr nämlich. Als Violinvirtuose rühmte ihn kein Geringerer als Paganini, außerdem darf der moderne Kinnhalter als seine Erfindung gelten. Als Dirigent zeigte Spohr überragende Fähigkeiten und koordinierte die Musiker "ohne alles Geräusch" mit einer Papierrolle und später mit einem Taktstock. Als Organisator stellte er Weichen im Musikleben mit Abonnementkonzerten, Chorgründungen sowie Oratorienaufführungen zu den heiligen Zeiten im Jahreskreis. Und als Komponist beherrschte Louis Spohr nach dem Ableben von Weber und Beethoven für gut 15 Jahre die neue deutsche Musik - mit einem Schaffen, das von Opern und Oratorien über 10 Symphonien, 18 Violinkonzerte und vieles mehr bis zu Solostücken reicht, darunter eine einzige Klaviersonate. Doch mit den Erfolgen von Mendelssohn und Schumann begann sein Ruhm zu verblassen - und in den Augen der Nachwelt sollte ihn ausgerechnet sein kleiner, gedrungener Namensvetter Beethoven bald turmhoch überragen.

Erst im 20. Jahrhundert begann sich die Musikwelt neu auf Louis Spohr zu besinnen, namentlich auf seine originelle Kammermusik. Im Quintett für Klavier und Bläser c-Moll op. 52 blickte der Komponist 1820 in kreativer Weise auf die ähnlich besetzten Werke Mozarts (KV 452) und Beethoven (op. 16) zurück, beide in Es-Dur. Spohr wählt das pathetischere c-Moll als Grundtonart, stellt allen Instrumenten anspruchsvolle und doch lohnende Aufgaben, erweitert das dreisätzige Modell um ein Menuett, das sich als melancholisches Scherzo entpuppt - und ganz besonders im Larghetto lässt er mit ausdrucksvoller Chromatik spüren, dass eine neue Zeit angebrochen ist: die Romantik.

Sendereihe

• Anklang

Gestaltung

• Walter Weidringer