Ende und Anfang

27. Dezember 2023, 06:57

Bald bricht er an, der Monat Jänner oder auch Januar. Egal, beide Begriffe gehen auf den römischen Gott Janus zurück. Ein Gott, der Anfang und Ende symbolisiert und stets doppelgesichtig gezeigt wird. Auf den Darstellungen des Gottes blickt dieser vor und zurück gleichzeitig. Er hat also zwei Gesichter, aber keinen Hinterkopf.

Wäre man mit Janus im Zug unterwegs könnte man sich die Frage: "Möchtest Du in oder gegen die Fahrtrichtung sitzen?" ersparen. Janus sitzt stets in beiden. Sonst gibt es Doppelgesichter in der europäischen Mythologie, meines Wissens nach, ja eher selten. Liegt vielleicht am Christentum, das seit 2000 Jahren zur eher langweiligen Eindeutigkeit neigt. Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen Seite die Bösen. Ein, wie ich finde, eher schlichtes Weltbild.

Dafür hängen gerne über oder an Theatern Doppelgesichter in Form von zwei Masken, von denen eine weint und eine lacht. Da denkt man sich: Die weinende musste wahrscheinlich die Eintrittskarten zahlen. Stimmt aber nicht, tatsächlich stehen die beiden Masken für die Theaterformen Komödie und Tragödie. Vielleicht aber auch für das Publikum, das entweder lachend oder weinend das Theater verlässt. Am schlimmsten wäre es allerdings, wenn das Publikum im Theater bliebe. Denn dann wäre es eingeschlafen.

Das wäre tragisch für die Theaterschaffenden dieser Welt, denn diese hoffen ja, dass das Theater selbst eine Art Anfang und Ende für das Publikum ist. Denn im besten Fall soll das gerade Gespielte solchen Eindruck auf das Publikum gemacht haben, dass es als jemand vollkommen anderes rauskommt als es das Haus betreten hat.

Seit der Pandemie aber wissen wir, dass auch die Besucher größte Wirkung auf das Theater und die Theaterschaffenden haben können. - wenn sie nämlich ausbleiben. Ohne Publikum kein Theater. Kein erster Aufzug und kein letzter. Kein Stück mit Anfang und Ende. Nein, eine einzige öde, endlose Pause.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler