Jüdische Siedlerin schreit mit Kind auf dem Arm

AP/ODED BALILTY

Radiokolleg

Vernichten, Auslöschen, Zerstören (1)

Dem Hass begegnen

Krieg, Terror und die Gewalt der Zerstörung gründen auf Missachtung, Vergeltung und Hass. Wie aber entsteht dieser Hass und welche unbewussten Mechanismen führen dazu, dass ein Mensch, sogar ein ganzes Volk ausgelöscht werden sollen? Die Wurzeln des destruktiven Potentials, das bis zur blinden Vernichtung reichen kann, gehen im politischen Alltag, im Eifer des Gefechts unter, denn die zerstörerischen Impulse vernichten das Denken und verhindern das Trauern über Verluste: Psychoanalyse, Kulturwissenschaft und Politikwissenschaft analysieren die Facetten der Zerstörung.

Dass Hass nicht vom Himmel fällt, sondern geschürt wird, dass er seine Objekte wie Juden oder auch Muslime, so lange dämonisiert, bis er sich gerechtfertigt wähnt, ist durch die Geschichte, aber auch politikwissenschaftliche wie sozialpsychoanalytische Analysen bekannt.
Das Grauen, das die Hamas-Terroristen mit ihrer brutalen Attacke gegenüber den Israelis angerichtet haben, ist kaum in Worte zu fassen; das Sprechen und Nachdenken darüber fallen zunächst schwer, so tief sitzt der Schock.

Die Menschen sind traumatisiert. Eine Welle von Antisemitismus, vermischt mit Israel-Kritik und uralten Ressentiments, ist entstanden. Wut, Angst und Trauer müssen bewältigt werden, das betrifft auch die Menschen im Gazastreifen, die sich der Hamas als Schutzschilder ausliefern und von ihnen abhängen. All die hitzigen Diskussionen über die Gewalt und Vergeltung, sind durchdrungen von vielen Fragen: Wie lässt sich über die Situation in Nahost sprechen, und ist ein Weg aus dieser Spirale des Hasses überhaupt möglich? Droht Verharmlosung, sogar Gewöhnung - zur Abwehr dieses Unfassbaren? Und lässt sich das Destruktive, das Abschlachten von Menschen, die Auslöschung von Völkern überhaupt in einen fasslichen Kontext bringen? Wie kann ein Ausbruch aus dem Denken der Vergeltung hin zur Verarbeitung des Schreckens und der Verluste gelingen, wenn Unrecht und Verfolgung so tief verankert sind wie in Nahost? Der Gedanke an die Zweistaatenlösung scheint definitiv gescheitert, wie der Politikwissenschaftler Michael Wolfssohn schildert und die Idee selbstständig organisierter Bundesländer in die Diskussion bringt. Das Nachdenken über die komplexen Zusammenhänge politischer Interessen muss in jedem Fall die persönliche Betroffenheit der Opfer dieses Krieges im Gazastreifen wie Israel und die Aussicht auf eine Zukunft einschließen.

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  • Katrin Mackowski