Selbstvermessung

9. Februar 2024, 06:57

Um Kontrolle über den Körper zu erlangen sind ja derzeit Selbstvermessungsuhren sehr beliebt. Viele Menschen messen derzeit permanent den Blutdruck, den Puls, die absolvierten Schritte.

Es gibt bereits in Amerika eine Selbstvermessungsuhr, die ist zu Hause mit den Geräten verbunden und erst ab 20.000 Schritten darf man sich am Abend einen Film anschauen. Das ist schon grotesk, als Kind habe ich noch von meinen Eltern Fernsehverbot bekommen, als Erwachsener übernimmt das dann wirklich der Fernseher. Es gibt sogar jetzt den Trend zum regelmäßigen Vorsorge-MRT. Das heißt, man legt sich als gesunder Mensch in die Röhre in der Hoffnung, dass der Radiologe irgendetwas findet. Doch dadurch warten erstens Menschen, die ein MRT wirklich brauchen, noch länger und zweitens hat mir ein Arzt erklärt, man findet immer was. Und sei es ein als Kind verschluckter Domino-Stein. Jeder Gesundheitszustand wird irgendwann zu einem Wert, zu einer Zahl mit Komma. Doch für unsere psychischen Zustände gibt es keinen Wert. Es gibt keine 9er Zuversicht, keinen 17er Trübsinn oder eine 14,12er Liebe. Ich bin unseren Gefühlen gegenüber sehr dankbar, dass sie sich nicht in eine Zahl pressen lassen. Die messbare Welt ist eben nicht die Welt, sondern nur der Teil der Welt, der messbar ist.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum wir in Österreich knapp zwei Millionen Haustiere haben. Haustieren sind unsere ganzen Selbstvermessungswerte völlig egal. Sie akzeptieren uns kritiklos, so wie wir sind. Meine Katze bewertet nicht meinen Körperfettanteil oder ob die Anzahl meiner Thrombozyten zu niedrig ist. Und sie verzeiht mir sogar, wenn ich an einem Tag nur 19.999 Schritte absolviert habe. So eine Einstellung wünsche ich mir in Zukunft auch von meiner Uhr.

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