Johanna Schwanberg

LUXUNDLUMEN/MARLENE FRÖHLICH

Gedanken für den Tag

Bilder der Vergänglichkeit

von Johanna Schwanberg, Direktorin des Dom Museum Wien

Seit Studienzeiten besuche ich um diese Jahreszeit gerne das Kunsthistorische Museum. Denn hier gibt es ein Gemälde zu sehen, das sich auf so komplexe Weise mit der Zeit rund um Faschingsdienstag und Aschermittwoch befasst. Gemalt hat es Pieter Bruegel der Ältere im Jahr 1559; es ist unter dem Titel "Der Kampf zwischen Fasching und Fasten" bekannt.

Wie auf einer großen Bühne findet sich auf diesem Ölbild eine Vielzahl an Figurengruppen oder kleinen Szenen dargestellt. Die linke Seite wird von einem Wirtshaus begrenzt und zeigt unterschiedliche Brauchtümer aus der Faschingszeit; rechts steht eine große Kirche - davor gibt es Symbole und Bräuche aus der Fastenzeit zu sehen. Bruegel malt spielende und zügellos feiernde Menschen und ihre Ausschweifungen.

Er malt aber auch Menschen, die Fastenspeisen verkaufen und mit einem Aschekreuz auf der Stirn aus der Kirche kommen - umringt von Bedürftigen und Beeinträchtigten, die um Almosen bitten. Inmitten spielender Kinder wird ein Leichenwagen über den Platz gezogen.

Besonders beindruckend ist für mich an Bruegels Bild das Nebeneinander von Fülle und Reduktion, von Freud und Leid, von Leben und Tod. Das menschliche Dasein in all seiner Vielfalt, in all seiner Ambivalenz eben.

Denn Feiern als gäbe es kein Morgen hat stets auch mit dem Wissen um die Vergänglichkeit zu tun. Ein bedrohliches Gefühl, aber auch eine der größten Qualitäten des Menschseins, wie Kunstschaffende immer wieder betont haben. Etwa der Schriftsteller Max Frisch in seinen Tagebüchern, in denen es heißt "Das Bewusstsein unsrer Sterblichkeit ist ein köstliches Geschenk, nicht die Sterblichkeit allein, die wir mit den Molchen teilen, sondern unser Bewusstsein davon; das macht unser Dasein erst menschlich, macht es zum Abenteuer."

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Philipp Telemann 1681 - 1767
Titel: Ouvertüre für Oboe, Trompete, Streicher und B.c. in D-Dur - Tafelmusik II Nr.1
* 2. Air, tempo giusto - 2.Satz (00:06:10)
Solist/Solistin: Maurice Andre
Orchester: Concerto Amsterdam
Leitung: Frans Brüggen
Länge: 06:10 min
Label: Teldec 843418

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