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Punkt eins
Meister Lampe und die EU-Agrarpolitik
Der Feldhase - ein Kulturfolger wird zum Verlierer und zum Politikum. Gast: Univ. Prof. Dr. Klaus Hackländer, Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, Generalsekretär des Welthasenverbandes. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
7. März 2024, 13:00
Kein Ostern ohne Hase: Der Zufall und seine bemerkenswerte Fruchtbarkeit machten ihn zum Symboltier des höchsten Festes im christlichen Kirchenjahr. Doch der Feldhase, eigentlich ein klassischer Kulturfolger, steht seit 2005 auf der Roten Liste der Säugetiere Österreichs in der Kategorie "potenziell gefährdet". Dabei braucht es nicht viel für eine wildtierfreundlichere Agrarpolitik und ginge es den Hasen besser, könnten zahlreiche andere Arten vor dem Aussterben gerettet werden.
"Osterhasen brauchen Brachen und Blühflächen", sagt Prof. Dr. Klaus Hackländer vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien. In seinem Habilitationsprojekt konnte der Wildtierbiologe erstmals wissenschaftlich belegen, wie bedeutsam solche Flächen für Feldhasen sind. "Auf Brachen finden Hasenmütter genau die Nahrungspflanzen, die ihre Milch nährstoff- und fettreich machen".
Bis zu vier Würfe mit je bis zu fünf Jungen hat eine Häsin pro Jahr und nicht nur das: Bereits antike Denker wie Herodot rätselten über die Fruchtbarkeit, die bis heute nicht genau erforscht ist, denn: Trächtige Häsinnen können ein weiteres Mal trächtig werden. Superfötation wird die doppelte Befruchtung genannt. Doch bis zu 95 % der Jungtiere sterben bis zum Herbst.
Die Ursachen für den Rückgang der Hasenbestände in ganz Europa sind vielfältig und komplex; der Hauptfaktor ist allerdings die intensive Landwirtschaft, die sich gleich mehrfach negativ auswirkt. Im Gegensatz zu Kaninchen leben Feldhasen ganzjährig unter freiem Himmel: Tagsüber ruhen sie meist geduckt in einer Kuhle, der Sasse, in der Dämmerung suchen die nachaktiven Einzelgänger Nahrung. Die Hasenmutter säugt ihre Jungen nur einmal am Tag, ihre Milch ist sehr fettreich. Doch die großen Felder und Monokulturen bieten dem Feinschmecker nicht genug Nahrung, nach der Ernte auch keine Deckung mehr ("Ernteschock") und die überlebenswichtigen "Freiflächen" sind in der modernen, intensiven Landwirtschaft nicht vorgesehen.
Der Universitätsprofessor Klaus Hackländer, der auch Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung ist, hat der Tierart einen Großteil seines Forscherlebens gewidmet, unzählige Fachartikel und Bücher publiziert und den Feldhasen, seine Lebensweise und Lebensumstände in zahlreichen Studien erforscht. Er hat für die Internationale Naturschutzorganisation IUCN den Status des Feldhasen in der Roten Liste erhoben, organisiert alle vier Jahre einen internationalen Kongress zu Hasenartigen und berät die Europäische Kommission in Sachen wildtierfreundlichere Agrarpolitik.
"Es ist wissenschaftlich belegt, dass wir für die Artenvielfalt eine positive Trendwende erreichen, wenn wir nur sieben Prozent der genutzten Ackerfläche als unproduktive Fläche der Natur überlassen," erklärt Klaus Hackländer und präzisiert: Blühstreifen, Brachen sind dabei für den Feldhasen besonders wichtig. "Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher eine Agrarpolitik, die auf den Artenschutz Rücksicht nimmt und das Anlegen und Pflegen artenreicher Brachflächen fördert", sagt Klaus Hackländer. Eine wildtierfreundliche Landwirtschaft wird in Klepelshagen in der Uckermark auf dem Gut der Stiftung praktiziert - im Hasenland. Und Maßnahmen, die dem Feldhasen helfen, sichern Rebhuhn, Feldhamster, Kiebitz, Insekten und vielen anderen Wildtieren das Überleben. "Er ist als Schirmart für einen Lebensraum zu sehen; wenn es ihm gut geht, können sich wie unter einem Schirm auch andere Wildtiere und -pflanzen entfalten", so der Wildbiologe.
Was wissen wir über den Feldhasen, der so heimlich zu leben scheint, wie der Osterhase selbst? Was sind die Gründe für den Rückgang der Population und was geeignete Maßnahmen, um den Hasenbestand zu erhöhen? Wie kann Feldhasenmanagement trotz intensiver Landwirtschaft gelingen?
Prof. Dr. Klaus Hackländer, seines Zeichens auch Mitbegründer des Welthasenverbandes, ist zu Gast bei Barbara Zeithammer in Punkt eins und wie immer sind Sie, unsere Hörerinnen und Hörer, sehr herzlich eingeladen, Ihre Fragen zu stellen und Ihre Hasenbeobachtungen zu schildern: live während der Sendung unter 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at
Service
Vom Eierbringer zur seltenen Art - ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Klaus Hackländer auf science.orf.at
Deutsche Wildtier Stiftung: Der Feldhase
Hackländer K (2023): Evidenzbasiertes Feldhasenmanagement In: Voigt, C.C. (Hrsg.) Evidenzbasiertes Wildtiermanagement. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg.
Sendereihe
Gestaltung
- Barbara Zeithammer
Playlist
Untertitel: Susan McKeown
Titel: The Hare's Lament
Ausführende: Susan McKeown
Länge: 03:13 min
Label: Self owned records
Untertitel: Flanagan & Allen
Titel: Run, Rabbit, Run
Ausführende: Flanagan & Allen
Länge: 02:44 min
Label: Decca
Untertitel: Fay Hield & Traditional
Titel: Hare Spell
Ausführende: Fay Hield
Länge: 03:19 min
Label: Dumme record