Zwischenruf

Als Abraham mit seinem Sohn...

Carla Amnina Baghajati, Leiterin des Schulamtes der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, zum muslimischen Opferfest

Eid mubarak! Bayram müberek olsun! Gesegnetes Fest! Die Freude über die höchsten muslimischen Feiertage ist gleich noch größer, wenn die Tage mit einem Wochenende beginnen - und das gemeinsame Feiern viel leichter fällt. Schülerinnen und Schüler könnten zwar schulrechtlich zu den per Erlass definierten religiösen Feiertagen, wozu Ramadanfest und Opferfest zählen, um Freistellung ansuchen - aber bei den Berufstätigen ist das mit dem "persönlichen Feiertag" schon schwieriger.

Doch wer weiß schon etwas über den Hintergrund des Festes? Schade eigentlich, finde ich, denn hier liegen Brücken zu gemeinsamen Wurzeln der Buchreligionen Judentum, Christentum, Islam, aber auch zu universellen Werten. Um dies bewusster zu machen, könnte das Fest auch Abrahamsfest heißen.

Sie ahnen schon, was jetzt kommt? Genau - eine auf den ersten Blick schaurige Geschichte: Wie kann Gott nur verlangen, dass Abraham, arabisch Ibrahim, seinen eigenen Sohn opfern möge? Und das auch noch als Beispiel für Gottvertrauen gefeiert werden? Zeigt sich da nicht die Gefahr blinden Gehorsams?

Darum ist sinnvoll, die Geschichte von ihrem Ende her zu erzählen. Denn Gott lässt das Opfer nicht zu, schickt stattdessen einen Widder und setzt eine klare Botschaft: In meinem Namen soll kein Mensch getötet werden! Ob Judentum, Christentum oder Islam - Tanach, Bibel oder Koran - das ist eine gemeinsame Basis, die friedensstiftend wirkt - oder zumindest den Wert menschlichen Lebens einmahnt und vor Blutvergießen warnt.

Wenn ich dies alles reflektiere, erhellt sich für mich auch das Gottvertrauen des Propheten Ibrahim. In seinem tiefen Gottesbewusstsein muss wohl eine Gewissheit gelegen haben, dass alles einen guten Ausgang nehmen werde.

In dieser Entschlossenheit liegt viel Selbstbewusstsein. Und das ist für mich eine weitere Dimension dieser Erzählung, über die ich immer wieder nachdenke: den Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Gottesbewusstsein. Wer seine eigenen Potentiale wahrnimmt und vordringt zu dem, was Menschsein ausmacht - aus den individuellen Gaben heraus möglichst viel Gutes zu gestalten - für sich und für die anderen - kann die Beziehung zwischen Geschöpf und Schöpfer spüren.

Das ist etwas, woran ich glaube: Die prinzipielle Orientierungsfähigkeit hin zum Guten, die Gott schon vor der Geburt allen Menschen mitgegeben hat - gleich welcher Religion sie im Leben angehören.

Was glaubt Österreich? Die multimediale Abteilung Religion und Ethik im ORF geht dem nach und schafft damit dringend notwendige Denkanstöße, was uns als zunehmend plurale Gesellschaft zusammenhält. Vielleicht zeigt gerade die Überlieferung von Abraham und seinem Sohn einen gemeinsamen Nenner.

Die Vertrauensgeschichte des Propheten Ibrahim/Abraham gibt mir Hoffnung in einer Zeit, in der Identitätspolitiken sich eifersüchtig und ab- bis ausgrenzend auf ein imaginiertes "Eigenes" stützen wollen. Ja, wir haben in den religiösen wie humanistischen Traditionen einen gemeinsamen Kern, der unsere Menschlichkeit und deren Schutz in den Mittelpunkt stellt - nur sehen müssten wir dies - und aktiv leben.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Joseph Haydn
Titel: Symphonie Nr.83 in g-moll Hob.I/83
* Finale. Vivace - 4.Satz (00:03:43)
Populartitel: Die Henne
Orchester: Academy of St.Martin in the Fields
Leitung: Sir Neville Marriner
Länge: 03:51 min
Label: Philips 4387272

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