Falsche Souvenirs und das Geschäft mit Fakes

11. Juli 2024, 13:00

Fliegende Händler am Strand, schnelle Schnäppchen bei Straßenverkäufern auf den Plätzen Venedigs, ein gutes Geschäft auf dem Markt in Istanbul: Die Jagd nach Souvenirs und guten Geschäften gehört für viele zum Urlaub, und dass die Sonnenbrille kein CE-Kennzeichen hat oder der Polospieler ein dreibeiniges Pferd reitet, fällt vielleicht gar nicht auf. Und wenn ein Seepferdchen oder eine große Muschel als Deko auf dem Souvenir kleben, wird es wohl auch nicht verboten sein…

Reisezeit ist Fälschungszeit - Produkt- und Markenpiraterie haben Hochsaison und auch der Artenschmuggel ist ein großes Thema am Flughafen, wenn Urlauber:innen die "falschen" Mitbringsel im Gepäck haben, seien es geschützte Tiere oder Pflanzen. Unwissenheit schützt vor (der bis zu 80.000 Euro hohen) Strafe nicht und der Zoll unterscheidet nicht zwischen Gekauftem oder selbst Gesammeltem.

Elfenbein, Tigerfell, Schlangenwein, illegale Potenzmittel - alles, was man schmuggeln kann, alles, was sich fälschen lässt - Bernhard Herics hatte es garantiert schon in der Hand. Am Flughafen Wien, dem größten des Landes, hat er jahrelang seinen Dienst als Zollfahnder versehen - an vorderster Front im Kampf gegen Fälscher, Betrüger und Schmuggler und für den Artenschutz, unterstützt von Risikoanalysen, Spürnasen auf vier Pfoten und dem "richtigen Riecher". Ein Katz- und Maus-Spiel, eine Sisyphus-Arbeit.

Dieser Kampf wird EU-weit geführt und beginnt immer dort, wo die Fälschungen in die EU kommen, denn sind sie einmal drin, gilt der freie Warenverkehr. In Österreich wird in den Zollzentren der Flughäfen und der Post kontrolliert, wobei sich vieles auf den Postweg verlagert hat und die Paketflut eine große Herausforderung für den Zoll darstellt. 2023 ist der Paketmarkt in Österreich unerwartet schnell gewachsen: das Aufkommen auf 368 Mio. Stück gestiegen, weil chinesischen Online-Händler massiv expandieren.

Über manche Fälschungen kann man schmunzeln, vor anderen muss man sich hüten und fürchten. Produktpiraterie ist lukrativer als der Drogenhandel oder Waffenschmuggel. Gefälschtes Viagra lässt sich heute teurer und gewinnbringender verkaufen als Heroin oder Kokain. Von den Gewinnmargen für den Weiterverkauf gefälschter Sneaker können Händler nur träumen. Und es gibt tatsächlich nichts, was nicht gefälscht wird - sogar Raumschiffe, Züge, ganze Fabriken, Kampfjets. Gefälschte Medikamente - von der Potenzpille über Abnehmspritzen bis zu Krebsmedikamenten - gelten als weltweite Gesundheitsgefahr, der Handel im Internet boomt.

Fälschungen sind vor allem aber auch ein wachsendes wirtschaftliches Problem: Rechte des geistigen Eigentums haben eine enorme wirtschaftliche Bedeutung in der EU. Tätigkeiten in diesem Bereich machen fast die Hälfte des BIP der EU und fast 40 Prozent der Arbeitsplätze aus, analysiert eine EU-Studie.

Über die vielen Aufgaben des Zolls, die Herausforderungen der Gegenwart, die Zusammenarbeit der Staaten im Kampf gegen Fälscherringe und den berühmten "richtigen Riecher" weiß der erfahrene Zollfahnder Bernhard Herics in dieser Ausgabe von Punkt eins als Gast bei Barbara Zeithammer zu berichten. Er arbeitet seit einigen Jahren im Finanzministerium und koordiniert von dort aus die Zollbeamt:innen in ganz Österreich und nimmt an nationalen und internationalen Sitzungen teil. Der Südburgenländer Bernhard Herics ist in seinem Geburtsort Schandorf Bürgermeister (ÖVP).

Unsere Hörerinnen und Hörer sind sehr herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen: Nehmen Sie immer den grünen Kanal? Welchem Schnäppchen konnten Sie im Urlaub oder im Internet nicht widerstehen? Kaufen Sie absichtlich Fake-Produkte? Hatten Sie einmal mit dem Zoll zu tun? Bringen Sie gern Lebensmittel aus dem Ausland mit?

Diskutieren Sie mit, wir freuen uns! Sie erreichen uns telefonisch während der Sendung unter 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

BMF Zoll
Produktpirateriebericht 2023

CITES Informationen zum Artenhandel
AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH zu Fragen betreffend der Einfuhr von Pflanzen
WWF Urlaubstipps

Europäisches Verbraucherzentrum
Medikamente aus dem Internet

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Barbara Zeithammer