Radiokolleg

Selbsterfüllende Prophezeiung. Die Macht der Erwartung (4)

"Wenn man einen Hammer hat, tendiert man dazu, nach Nägeln zu suchen"

... beobachtete 1963 der Psychologe Silvan Tomkins. Gesellschaftliche Entwicklungen wurden schon immer durch die Erfindung neuer Instrumente geprägt. Sei es das Feuer, das Schwert, der Buchdruck oder die Digitalisierung samt automatisierter Rechenmodelle, landläufig "Künstliche Intelligenz" genannt. Wie wir diese Mittel gebrauchen, liegt letztlich in unserer Hand.
Digitale Prophezeiungs-Tools befinden sich heute breit im Einsatz. Das kann Vorteile mit sich bringen. Sie sind überdies wie dafür geschaffen, den menschlichen Wunsch nach Vorhersagbarkeit zu erfüllen. Die verwendeten Algorithmen werden allerdings mit Daten trainiert, die auf bereits erworbenem Wissen beruhen. Was passiert nun, wenn diese Erfahrungen in Prognosemodelle gegossen und damit die Vergangenheit in die Zukunft transportiert und mitunter auch bereits überholte Theorien oder Vorurteile festzementiert werden? Und was geschieht, wenn Unterstützungsorgane auf einmal als Entscheidungsträger fungieren, wenn also mehr und mehr Verantwortung an digitale Systeme ausgelagert wird?
Auch Interessensverbände können Entwicklungen in bestimmte Richtungen lenken. Dabei ist es möglich, dass Dinge, die wir eigentlich gesellschaftlich verhandeln und gestalten sollten, plötzlich als alternativlos oder gar als Naturgesetz erscheinen. Sie werden zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Service

Radiokolleg-Podcast

Sendereihe

Gestaltung

  • Daphne Hruby