Zwischenruf
Hinhören und Handeln
von Jutta Henner, Direktorin der österreichischen Bibelgesellschaft
20. Oktober 2024, 06:55
Heute wird in vielen evangelischen Gemeinden in Österreich der Bibelsonntag gefeiert. Eigentlich ist ja jeder Sonntag ein Bibelsonntag, denn die Bibel prägt den Gottesdienst. Aber einmal im Jahr wird in besonderer Weise an die Bedeutung der Bibel erinnert. Und zeitgleich wird in Österreich ein Jubiläum begangen: 100 Jahre Radio - auch eine Hommage an das bewusste Hören.
Das Hören ist als Zugang zur Bibel unersetzbar: Das Hören der laut vorgelesenen Worte mit den Ohren, aber auch das ganz bewusste Hinhören und das Aufnehmen und Bedenken des Gehörten im Inneren. Dann kann es geschehen, dass die Zuhörerinnen und -hörer in den Worten und Texten der Bibel mehr entdecken, dass sie erfahren, dass Worte der Bibel für sie zum Wort Gottes werden, mitten hinein gesprochen in ihr Leben und in ihre ganz konkrete Situation: Tröstlich und ermutigend, aber zuweilen auch herausfordernd und korrigierend!
In der Bibel findet sich immer wieder der Hinweis, gut auf ihre Worte zu hören! Der Prozess des Hörens geht der Bibel zufolge aber noch einen Schritt weiter: Das Gehörte soll beherzigt werden und den persönlichen Alltag prägen! Das Hören soll zu glaubwürdigen Taten führen! So vergleicht im Neuen Testament Jesus Menschen, die ihm gut zuhören und entsprechend auch ihr Leben gestalten, mit einem Mann, der sein Haus auf einen Felsen baut. Wer zwar zuhört, jedoch das Gehörte nicht in die Tat umsetzt, gleiche einem Mann, der sein Haus auf Sand gebaut hat (Lukas 6,47ff).
Dass das Hören in der Bibel dabei keine Einbahnstraße ist, darf nicht unerwähnt bleiben: Schließlich erinnert die Bibel wiederholt daran, dass der Gott, von dem sie erzählt, selbst ein Hörender ist. Ein Hörender, der die Not und Klage, das Lob und den Dank, das gesprochene und auch das unausgesprochene Gebet von Menschen hört - und der davon nicht unberührt bleibt!
Von der Bedeutung des Hörens in der Bibel weiß auch ein Text aus dem 8. Kapitel des Buches Nehemia aus der Hebräischen Bibel zu erzählen: Er berichtet von einer öffentlichen Marathon-Lesung biblischer Texte in Jerusalem. Alle - Männer und Frauen aller Altersgruppen - hätten sich auf einem Platz versammelt und den Wunsch geäußert, dass ihnen aus einem Teil der Hebräischen Bibel vorgelesen wird. Alle "hörten aufmerksam zu" (Neh 8,2) und "folgten gespannt den Worten der Schrift". Die abschnittsweise Lesung wird vom Gebet zu Gott eingeleitet. Erklärungen durch verschiedene Personen trugen dann dazu bei, dass das Vorgelesene von den Zuhörenden auch verstanden wurde.
Am Ende der Lesung, so berichtet es Nehemia, hätten die Menschen zunächst geweint. Die vorgelesenen Worte der Bibel sind ihnen nahe gegangen. Sie haben dadurch eine Gotteserfahrung gemacht. Das ist bewegend - und Grund zur Freude! Die machte sich, so Nehemia, damals in Jerusalem auch sehr rasch breit. Ein großes Freudenfest mit feinen Speisen und Getränken wurde gefeiert. Mit denen, die nichts hatten, wurde freudig geteilt: Brot und Wein, die Freude und das Leben. Wenn das damals schon möglich gewesen wäre - bestimmt hätte das Radio über dieses Großereignis berichtet.
Sendereihe
Gestaltung
Übersicht
Playlist
Komponist/Komponistin: Keith Jarrett
Album: CHANGELESS
Titel: Endless/instr./live
Solist/Solistin: Keith Jarrett /Piano m.Begl.
Ausführender/Ausführende: Gary Peacock /Bass
Ausführender/Ausführende: Jack DeJohnette /Drums
Länge: 15:32 min
Label: ECM 1392 8396182