Begegnung in der Sandkiste

20. November 2024, 06:57

An manche Begegnungen erinnere ich mich ein Leben lang. Erste Begegnungen, die von großer Bedeutung waren, schicksalhaft, wie ich sage, auch wenn ich doch eigentlich gar nicht ans Schicksal glaube. Wie sollte etwas zufällig passiert sein, dessen Folgen so bedeutsam für mein Leben sind?

Begegnungen bringen etwas ins Rollen, ins Stocken, ins Wanken, in Bewegung oder zum Stillstand. Halten die Zeit an oder beschleunigen sie gar. Wo überall bin ich schon anderen Menschen begegnet? In der Sandkiste, wo ich immer wieder diesem oder jenem Kind die Schaufel weggenommen oder vielleicht mit ihm die schönsten Burgen gebaut haben soll. In der Schule, als Sitznachbarinnen, vielleicht sogar beste Freundinnen, bis wir uns dann doch aus den Augen verlieren, nachdem wir die Schule, die Stadt, vielleicht sogar das Land verlassen haben. Oder bis zuletzt in Verbindung, loser oder sogar enger bleiben.

Den Schatz der Kindheit, des Heranwachsens gemeinsam hüten, in Erinnerungen schwelgen, einander vielleicht irgendwann sogar anvertrauen, einander am Anfang gar nicht gemocht oder irgendwann im Geheimen etwas ganz Gemeines gegen die andere gemacht zu haben. Auf der Uni, in der ersten Vorlesung unter so vielen Fremden, ein neues Zeitalter betretend, freudig, angstvoll aufgeregt, abends im früher dicht verrauchten Lokal, manche Begegnungen endeten im Bett, waren der Anfang für weitere gemeinsame Tage und Nächte oder blieben einmalig, nicht immer mit einem erklärbaren Grund. Und dann begegnen wir uns plötzlich oft nach Jahrzehnten wieder. Sind wir einander noch die, die wir waren oder zu sein glaubten?

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• Alexandra Mantler