Puccini und die Politik

28. November 2024, 06:57

Was macht die Opern Giacomo Puccinis so unvergänglich? Da ist zum einen natürlich die überwältigende Musik. Zum anderen erzählen diese Werke von universellen menschlichen Konflikten vor einem gesellschaftlichen Hintergrund, der genauso gut in der Gegenwart angesiedelt sein könnte. Zum Beispiel Repression und autoritäre Herrschaftsverhältnisse in "Tosca"; Migration und Vertreibung in "Manon Lescaut": Das sind Themen, die heute genauso aktuell sind wie zu jener Zeit, als diese Opern komponiert wurden.

Es gibt Leute, die verdrehen ihre Augen, wenn sie die genannten Stichworte hören. Diskrepanzen zur eigenen Wahrnehmung und der manchmal belehrende Tonfall, mit dem sie damit konfrontiert werden, haben sie unempfänglich dafür gemacht. Narrative Kunstformen wie die Oper aber haben die Möglichkeit, solche Themen auf einer emotionalen Ebene anzusprechen und damit für jedermann unmittelbar nachvollziehbar zu machen.

Ein Beispiel: Der designierte US-Präsident Donald Trump hat wortwörtlich Massendeportationen von illegalen Einwanderern angekündigt. Was Deportation konkret für die Betroffenen bedeutet, zeigt uns die Oper "Manon Lescaut". Die Szene, in der die Hauptfigur gemeinsam mit vielen anderen zwangsweise in eine Kolonie verschifft wird, ist einer der ergreifendsten und erschütterndsten Momente der Opernliteratur. Wer das hört und auf der Bühne miterlebt, kann nicht mehr so leichtfertig zustimmen, wenn ein Politiker ankündigt, Menschen in Massen außer Landes zu schaffen.

Die ungeschönte Darstellung der Wirklichkeit ist charakteristisch für Puccinis Werke. Ziemlich sicher hat diese Wahrhaftigkeit bei dem einen oder der anderen in der Vergangenheit zu einem echten Nachdenkprozess geführt. Wenn Kunst das gelingt, dann ist sie wahrlich große Kunst.

Service

Podcast abonnieren

Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler

Übersicht

• 100 TT Giacomo Puccini