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Punkt eins
Alleinerziehende - alleingelassen?
Zur aktuellen Lebenssituation von Ein-Eltern-Familien. Gäste: Dr. Eva-Maria Schmidt, Soziologin und Ethnologin am Österreichischen Institut für Familienforschung, Universität Wien & Doruntina Kosumi, Kaltrina Berani, Obfrauen des Vereins Regionale Hilfe für Alleinerziehende. Moderation: Marina Wetzlmaier. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
4. Dezember 2024, 13:00
Aufgrund eines Formfehlers wurde einer alleinerziehenden Mutter in Oberösterreich die Sozialhilfe gestrichen. Bis dieses Missverständnis behoben war, dauerte es mehrere Wochen. Wochen ohne finanzielle Absicherung für die Frau und ihr Kind. Über den Verein Regionale Hilfe für Alleinerziehende (RheA) in Wels erhielt sie eine Überbrückungshilfe in Form von Gutscheinen für Lebensmittel und Geldspenden.
Der Verein wurde von Alleinerzieherinnen und Unterstützer:innen vor zwei Jahren gegründet. In schwierigen Situationen sei Vernetzung und gegenseitige Unterstützung das Wichtigste. "Wir sind mittlerweile wie eine Familie. Ohne meine Kolleginnen hätte ich vieles nicht geschafft", sagt Obfrau Doruntina Kosumi, selbst Mutter einer Tochter im Kindergartenalter. Die Mitarbeiterinnen sammeln Sachspenden, organisieren Umzugshilfen, begleiten zu Ämtern oder helfen beim Ausfüllen von Formularen. Vereinzelt beraten sie auch alleinerziehende Väter. Der Zugang zu staatlichen Hilfen sei für viele Ein-Eltern-Familien ohne Unterstützung nicht zu schaffen.
Alleinerziehende Frauen gehören zu jener Bevölkerungsgruppe, die am stärksten von Armut betroffen ist. Fast die Hälfte ist von Armut und Ausgrenzung bedroht. Selbst Erwerbsarbeit schützt davor nicht: Etwa 70 Prozent der alleinerziehenden Mütter sind erwerbstätig, die Armutsgefährdung liegt dennoch bei 32 Prozent. Für Arbeitssuchende ist die Situation besonders herausfordernd, weiß Kosumi aus eigener Erfahrung. Um dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, musste sie einen Kinderbetreuungsplatz nachweisen. Doch ohne Arbeit erhielt sie keinen Kindergartenplatz. Ein Teufelskreis. Derzeit besucht Kosumi eine Weiterbildung.
Neben Fragen rund um Arbeitssuche und Kinderbetreuung plagen Alleinerziehende Probleme bei Obsorgeverfahren oder Gewalterfahrungen. Der Bedarf an Unterstützung steigt, wie auch der Verein Feministische Alleinerzieherinnen FEM.A in Wien berichtet. 98 Prozent der Alleinerzieherinnen, die sich an FEM.A wenden, sind von Gewalt betroffen, vor allem von psychischer Gewalt, schilderte Obfrau Andrea Czak im Rahmen einer Pressekonferenz.
Beratungsstellen wie diese weisen auf strukturelle Probleme hin, die Alleinerziehenden das Leben unnötig schwer zu machen scheinen. Gleichzeitig kritisieren sie, dass ihre Anliegen von der politischen Ebene wenig berücksichtigt werden.
Werden Alleinerziehende alleingelassen? Welche Strategien und Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Ein-Eltern-Familien und fallen diese regional unterschiedlich aus? Wie hat sich diese Familienform in den vergangenen Jahren entwickelt? Wie werden Alleinerziehende gesellschaftlich wahrgenommen?
Über diese Fragen spricht Marina Wetzlmaier mit Vertreterinnen des Vereins RheA und der Soziologin Eva-Maria Schmidt vom Österreichischen Institut für Familienforschung.
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