Kabel, Pipelines, Tanker: Sicherheit jenseits der Küste

17. Jänner 2025, 13:00

Daten- und Energieleitungen, die auf dem Meeresgrund verlaufen, sowie Kanäle und Transportrouten auf See sind anfällig für Schäden und Störungen mit verschiedensten Ursachen. Sie zählen aber auch zur kritischen Infrastruktur und können zum Ziel von hybrider Kriegsführung werden. Am Dienstag berieten mehrere NATO-Staaten aus aktuellen Anlässen über die Sicherheit im Ostseeraum.

Im September 2022 ereigneten sich mehrere Explosionen an der Nord-Stream-Pipeline auf dem Grund der Ostsee. Laut einer am Mittwoch erschienenen Datenanalyse der Vereinten Nationen wurden dabei rund 485.000 Tonnen Methan freigesetzt. Das wäre die größte Menge des Treibhausgases, die je auf einmal durch menschlichen Einfluss in die Atmosphäre gelangt ist - ein schwerer Schlag für die Energieversorgung und gleichzeitig eine Umweltkatastrophe. Sowohl die NATO als auch Russland gehen von einem Anschlag aus. Im Herbst 2023 wurde mit der Ostsee-Pipeline Balticconnector eine wichtige Energieleitung zwischen Finnland und Estland gekappt und dabei auch ein Datenkabel zwischen den beiden EU-Staaten beschädigt.

Um Weihnachten 2024 musste eine Stromleitung zwischen Estland und Finnland aus unklaren Gründen vom Netz genommen werden. In Schweden liefen bereits seit November Ermittlungen wegen Sabotage, nachdem Kommunikationskabel zwischen Finnland und Deutschland sowie zwischen Schweden und Litauen beschädigt worden waren. Am vergangenen Wochenende berichtete Schwedens Verteidigungsministerium nun von einer neu entdeckten Anker-Schleifspur in der Nähe des Unterseekabels Nordbalt, das nach Litauen führt. Litauen hat daraufhin angekündigt, die Infrastruktur in der Ostsee mit der Marine schützen zu wollen, und mit EU- und NATO-Partnern einen Gipfel einberufen. Das Tankschiff "Eagle S", das im Zusammenhang mit den Vorfällen von den finnischen Behörden beschlagnahmt wurde, steht im Verdacht, zur russischen "Schattenflotte" zu gehören: Das sind Großteils veraltete Tanker und Frachter, die im Auftrag Russlands operieren, um die Sanktionen zu umgehen, und dabei mutmaßlich auch Sabotageakte verüben. Auch der Tanker "Eventin", der nach einer Panne in der Ostsee von Deutschland festgesetzt worden ist, sowie die zwei havarierten Tanker im Schwarzen Meer, aus denen bisher rund 2.400 Tonnen Schweröl ausgetreten sind, werden zu der Schattenflotte gezählt. Greenpeace schreibt von 192 maroden Tankern, die weltweit russisches Öl transportieren und die Umwelt bedrohen.

Vom Schwarzen Meer bis zum Panamakanal, von der Ostsee bis zum Südchinesischen Meer: maritime Infrastruktur gerät zunehmend in den Fokus der Geopolitik. Der Fortgang der internationalen Konflikte wird maßgeblich abseits der Küsten entschieden - denn der Großteil der Erde besteht nun einmal aus Wasser, sagt der Politikwissenschafter Jeremy Stöhs. Er ist stellvertretender Direktor des Forschungszentrums ACIPSS (Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies) in Graz sowie Non-Resident Fellow am Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel, wo eine eigene Abteilung für Maritime Strategie und Sicherheit eingerichtet ist.

Wie die kritische Infrastruktur über und unter Wasser beschaffen ist, welchem Recht sie unterliegt, welche Interessen im Spiel sind und wie man diese wichtigen Lebensadern der Gesellschaft strategisch effizient schützen kann, darüber spricht Jeremy Stöhs als Gast bei Xaver Forthuber. Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

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