
PRIVAT
Gedanken für den Tag
Puppen
von Martina Pippal, Kunsthistorikerin und Künstlerin.
17. Februar 2025, 06:57
"Hast Du aber eine hässliche Puppe", sagte der Bub zu mir. Die Mädchen, die herumstanden, schwiegen. Ob ich etwas antwortete, weiß ich nicht mehr.
Meine Mutter hatte mich, die kaum Sechsjährige, vor dem Haus bei den anderen, mir unbekannten Kindern zurückgelassen und war im Stiegenhaus verschwunden. Die Kinder wohnten wohl in diesem Haus. Meine Mutter, Architektin, hatte in dem Gemeindebau beruflich zu tun.
Ob meine Puppe schön oder hässlich ist, hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt nicht beschäftigt. Sie war einfach: meine Puppe. Meine Mimi. Meine Mutter, Absolventin der Wiener Kunstgewerbeschule, der heutigen Universität für Angewandte Kunst, und Planerin einiger Wiener Gemeindebauten, hatte die Puppe für mich selbst gemacht: Mimi ist ca. 80 cm groß und hat die Form einer jungen schlanken Frau. Der taillierte Rumpf ist aus Leinen genäht und mit Watte fest ausgestopft. Mimis Gesicht und der Hals sowie ihre Arme und Beine bestehen aus hellem Handschuhleder.
Mimis Gesicht entspricht dem Schönheitsideal der Zeit um 1960: leicht katzenartig schräggestellte Augen mit schwarzen glänzenden Ösenknöpfen für Iris und Pupille, seitlich hochgezogener Lidstrich und hohe bogenförmige - mit der Nähmaschine aufgesteppte - Brauen geben Mimi einen leicht erstaunten Ausdruck. Audrey Hepburn lässt grüßen! Tizianrotes Haar (Wollreste eines für meinen Vater handgestrickten Pullovers) ist in Mimis Kopfhaut eingeknüpft.
Da ich Mimi seinerzeit überall hinschleppte, wurde sie schmutzig. Im Sommer habe ich sie mit Schichtseife gewaschen und zum Trocknen in die Sonne gelegt. Wenn ich Mimi heute ansehe, wie sie da auf meinem Sofa sitzt, muss ich zugeben: Gesicht und Hals sind schlaff geworden, faltig, zerknautscht; ja, das Leder ist stellenweise schuppig. Dennoch: Für mich ist sie schön. Immer noch.
Service
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Henry Mancini 1924 - 1994
Gesamttitel: BREAKFAST AT TIFFANY'S / Original Filmmusik
Titel: Moon river cha cha
Anderer Gesamttitel: FRÜHSTÜCK BEI TIFFANY / Original Filmmusik
Orchester: Henry Mancini Orchester
Ausführender/Ausführende: Backgroundchor
Länge: 01:10 min
Label: RCA 74321135802 (Japan)