Poesie des Unsinns

28. Februar 2025, 06:57

Dunkel war's, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
als ein Wagen blitzesschnelle,
langsam um die Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschoss'ner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.

Und ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar
saß auf einer grünen Kiste,
die rot angestrichen war.

Neben ihm 'ne alte Schrulle,
zählte kaum erst sechzehn Jahr,
in der Hand 'ne Butterstulle,
die mit Schmalz bestrichen war.
(Unbekannter Verfasser)

Wie Helge Schneider, so geht es auch der so genannten Unsinnspoesie in ihren unterschiedlichen Spielarten um das Spiel mit Erwartungen. Ein Nonsensgedicht oder Unsinnspoesie ist nur in sich stimmig, aber nicht mit der Realität kompatibel, die ihre Leser:innen bewohnen. Ausgehend von ihren Erwartungen, müssten sie eigentlich denken: das kann nicht stimmen!

Aber gerade damit weiten sie vielleicht unseren Blick dafür, dass Wahrheit auf verschiedenen Ebenen existiert. Wenn der Unsinnspoesie das gelingt, dann leistet sie etwas, das auch biblische Texte in unsere Welt einbringen. Auch beim Hören biblischer Texte denken schließlich viele Menschen: das kann doch nicht stimmen! Wer aber genauer hinsieht, erkennt, dass es Wahrheiten gibt, die man am besten über Geschichten ausdrücken kann. So wie sich etwa die Wahrheit der Liebe nicht empirisch messen, aber in vielen Geschichten über die Liebenden ausdrücken lässt.

Ich jedenfalls, ich habe sofort konkrete Menschen vor Augen, die ich fast nur "schweigend ins Gespräch vertieft" kenne - es gibt sie, obwohl es doch völliger paradoxer Unsinn ist, ihre Existenz zu behaupten.

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