Spielräume Spezial
2.500 Jahre Neapel. Überleben, Schönheit, Humor
Neapel sehen - und weiterleben. Zweieinhalb Jahrtausende einer unmöglichen Stadt
9. Juni 2025, 17:10
Neapel könnte es genauso gut nicht geben. Gelegen zwischen einem schlafenden Supervulkan unter den angrenzenden Phlegräischen Feldern und dem Vesuv, der bekanntlich schon einmal eine Stadt vernichtet hat, existiert die Metropole am Mittelmeer prekär in Erwartung von Unheil. Dies aber immerhin seit zweieinhalbtausend Jahren - genau 475 vor unserer Zeitrechnung soll die "Nea Polis", die "neue Stadt", als griechische Siedlung gegründet worden sein - so will es jedenfalls die Politik, die heuer offiziell 2.500 Jahre Neapel feiert.
Mit Widersprüchen und Provisorien lebt man jedenfalls seit Langem (ein paar Jahre auf oder ab scheinen da vernachlässigbar) - lebt mit dem Gegensatz zwischen der atemberaubenden Schönheit des Golfs von Neapel, seiner Inseln und der nahen Amalfiküste einerseits und andererseits der atemberaubenden Desolatheit vieler Wohnquartiere in der Altstadt wie auch in den rasch gealterten Neubauvierteln der Peripherie. Oder mit dem Kontrast zwischen beeindruckenden Kunstschätzen und Kirchen, tiefgläubigem Katholizismus und ebenso beeindruckend tiefer Korruption und Kriminalität.
All das ist selbstverständlich auch reicher Nährboden für Drama und Ironie, Schönheit und Spott, wie sie für die neapolitanische kulturelle Tradition und populäre Musik charakteristisch sind. In diesen Spielräumen, aus dem willkommenen Anlass des Jubiläums, ein Blick zurück, wenn nicht auf zweieinhalbtausend Jahre, so zumindest auf einige Jahrzehnte Überlebenswillen, Schönheit und Witz.