Radiokolleg

Lexikon der österreichischen Popmusik (1)

Verifiziert - Neue Deutsche Wiener Welle

Im Januar 2017 hat das Radiokolleg eine Langzeit-Serie zur Geschichte der österreichischen Popmusik gestartet. Von Ambros über Soap& Skin und Yasmo bis Zawinul wird das Leben und Werk einzelner Musiker/innen und Bands dokumentiert, ihre Bedeutung für die österreichische Musiklandschaft reflektiert und ihr Beitrag zu einer kritischen Gegenkultur gewürdigt.

Verifiziert fährt liebend gern mit schäbigen Kleinwagen tiefnachts durch eine namenlose Stadt. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die Balladen der Wiener Musikerin querhört. Verifiziert - bürgerlich Verena Haselböck - gehört zu einer musikalischen Familie, die in Wien neuerdings Gefühle und den Alltag mit Songs überhöht, die lose im Hip Hop verankert sind. Wien hat im Deutschrap hat Wien eine Sonderrolle. Das liegt im dadaistischen Cloud Rap der 2010er Jahre begründet, an Raf Camora, dem erfolgreichsten österreichischen Musiker des 21. Jahrhunderts und an einer neuen Wiener Wave. Diese Generation ist mit Hip Hop aufgewachsen, aber experimentiert mit 80er-Jahre-Pop, Drum'n'Bass, Eurodance und - wie im Fall von Verifiziert - gerne auch mit der deutschsprachigen Pop-Welle nach der Jahrtausendwende. Diese Welle unterstützt sich gegenseitig im Studio, im Büro und auf der Bühne.

2019 veröffentlicht Verifiziert mit "Golf 4" ihren ersten Song. Nur einige Monate später wird sie von einem deutschen Management und einem deutschen Major-Label unter Vertrag genommen. Ihre introspektiven Songs finden während der Pandemie schnell ein größeres Publikum. Und plötzlich steht Verifiziert als Opener des deutschen Emo-Rappers Casper vor tausenden Menschen auf der Live-Bühne. Ihre Texte setzen sich aus kurzen Worten zusammen, sie wirken aus dem Alltag gegriffen und müssen sich nicht reimen. Sie wandeln dabei am schmalen Grat zwischen Kaputtheit und Momenten des Glücks. Verifizierts Stimme klingt meistens halb erschöpft, halb euphorisch und wird dabei in einen robotischen Effekt gehüllt. Die Albumtitel "ADHD" (2023) und "Bullet Holes" (2024) stellen die eigenen Imperfektionen ins Scheinwerferlicht.

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  • Stefan Niederwieser