
APA/DPA/FELIX HEYDER
Punkt eins
Biber: Zwischen Jagd und Schutz
Baumeister, Verbündeter im Klimaschutz oder Schädling? Der Umgang mit dem Biber. Gäste: Gundi Habenicht, Biberbeauftragte, Land Salzburg; Fabian Holzinger, Musiker und Sound Designer, Beaver Lab. Moderation: Marina Wetzlmaier. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
11. Juli 2025, 13:00
Sein Fell, sein Fleisch und ein Drüsensekret namens "Bibergeil", das als Heilmittel galt, machten das größte Nagetier Europas zum begehrten Jagdobjekt. Bis zu seiner Ausrottung. Rund 100 Jahre lang galt der Europäische Biber in Österreich als ausgestorben. Ab den 1970ern wurde er wieder gezielt angesiedelt. Dem Bestand gehe es derzeit gut. "Ein Erfolgsprojekt des Artenschutzes", sagt Gundi Habenicht. Als Biberbeauftrage des Landes Salzburg hat sie allerdings mit Menschen zu tun, die von der Anwesenheit der großen Nager weniger begeistert sind. Biber sind als emsige Baumeister bekannt und berüchtigt.
Mit ihren Dämmen gestalten sie nicht nur für sich, sondern auch für andere Tierarten neue Lebensräume und tragen damit zur Biodiversität bei. Zugute kamen diese Fähigkeiten zuletzt den Behörden in Tschechien, wo ein Renaturierungsprojekt um 1,2 Millionen Euro geplant war. Als eine Biberfamilie genau dort ihren Damm baute und das Projekt damit auf natürliche Weise umsetzte, konnten die Kosten gespart werden.
Doch nicht überall sind Mensch und Biber Verbündete. Dort, wo sie aufeinandertreffen, kommt es meistens zu Konflikten. Land- und Forstwirt:innen klagen über Schäden an den Nutzgehölzen und überschwemmte Ackerfläcken. Auf den wirtschaftlichen Kosten würden sie sitzen bleiben, sagen sie und fordern Möglichkeiten zur "raschen und unbürokratischen Entnahme", sprich zum Abschuss. Nach europäischem Recht sowie den Naturschutz- und Jagdgesetzen der Bundesländer dürfen Biber nicht bejagt werden. Es ist verboten sie zu fangen, zu verletzten, sowie ihre Lebensräume und Dämme zu beschädigen oder zu zerstören. Eine "Entnahme", wie die Tötung genannt wird, ist nur in Ausnahmefällen und mit einer Genehmigung der Naturschutzbehörde erlaubt.
"Die Lebensweise des Bibers ist schwer mit unseren gesellschaftlichen Vorstellungen vereinbar. Die Art, wie wir Flächen bewirtschaften, integriert die Tierart nicht", beschreibt Biberbeauftragte Gundi Habenicht das Dilemma. Ihre Arbeit führte sie im April sogar nach Portugal, mit einer Biberfamilie aus Hallein im Gepäck. In Portugal waren die Biber ausgestorben, werden nun aber wieder angesiedelt und sollen bei der Dürreprävention helfen. Die Biberfamilie aus Salzburg hatte immer wieder einen Entwässerungsgraben der Tauernautobahn verstopft, weshalb ihr die "Entnahme" drohte. Durch Zufall erfuhr Gundi Habenicht von dem Projekt in Portugal und entschied sich für die Umsiedlung. In ihrem neuen Lebensraum kann die Biberfamilie nun ungestört ihren Bautätigkeiten nachgehen. So schön die Geschichte auch klingt, eine Umsiedlung in andere Länder sei die absolute Ausnahme, betont Habenicht. Es müssen in Österreich Wege gefunden werden, um mit dem Biber zu leben.
Fabian Holzinger plädiert für Kompromisse und technische Lösungen, etwa das Einzäunen wichtiger Bäume, Drainagesysteme und Monitoring. Neunzig Prozent der Konflikte passieren, weil zu nahe am Ufer gebaut werde. "Eine Pufferzone von zehn Metern würde schon viel bewirken. Auch in Bezug auf Hochwasserschutz", sagt er. Fabian Holzinger ist Musiker und Sound Designer mit Schwerpunkt Field Recording und akustische Ökologie. Gemeinsam mit der Medienkünstlerin Franziska Thurner betreibt er das Beaver Lab, mit dem sie seit 2020 die Lautäußerungen von Bibern in Linz erforschen. Sie beteiligen sich auch an Gewässerrevitalisierungen und erproben Maßnahmen zur Konfliktprävention. Für Fabian Holzinger ist Wissen der Schlüssel, denn über Biber würden viele Falschinformationen kursieren. Gemeinsam mit Gundi Habenicht ist er zu Gast bei Marina Wetzlmaier und spricht über einen nachhaltigen Umgang mit Bibern.
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