Radiokolleg
Girl Pop (1)
Riot Grrrls und Girlies: Die 90er
4. August 2025, 09:45
Frauen dominierten 2024 die Musikcharts und räumten bei den Grammys 2025 ab. Gleichzeitig entstand eine neue Online Girl-Kultur mit Brat Summer, Barbie-Memes und Girl-Influencern, die die Popmusik beeinflusst.
Girlishness, also Mädchenhaftigkeit, wurde in verschiedenen Popkultur-Epochen strategisch inszeniert, von den Spice Girls und Riot Grrrls der 1990er über Britney Spears, Beyoncé und Taylor Swift in den 2000er und 2010er Jahren bis zu den Brats von heute. "Girl"-Sein ist dabei keine feste Identität, sondern wandelbar. Irmi Wutscher erforscht in der Musikviertelstunde vier Jahrzehnte Girl-Kultur und deren Einfluss auf die Popkultur.
Die Popkultur erlebt in den 1990ern ihre prominenteste Ära der Girl(ie)s. "Acting like a girl" war eine neue Möglichkeit für Frauen in der Rockmusik, kulturelle Sichtbarkeit zu erlangen. Denn, sagt Missy-Magazine Mitgründerin Sonja Eismann: welche Zuschreibung an weiblich gelesene Personen gerade die meiste Sprengkraft entwickelt, hängt auch vom Kontext ab. Und gerade in den 90ern (und zu einem Teil auch jetzt bei den Brat Girls) liegt eine gewisse Verweigerungshaltung gegenüber Anforderungen der Weiblich-Seins in der Selbstbezeichnung als Mädchen. Girlishness kann dabei grenzüberschreitend und feministisch sein, wie bei den Brats und den Riot Grrrls, aber auch den patriarchalen Status Quo zementieren, der Frauen in einer kindlichen, sexy, launischen und zahmen Rolle sieht.
Das galt für die Alternative-Welt, wo sich an der Westküste der USA mit Riot Grrrl eine Punk-Subkultur entstand. So wie das Babydoll-Kleid mit den klobigen Stiefeln wurde hier unschuldige Weiblichkeit im Auftreten mit Texten über sexuelle Gewalt oder Frauen-Unterdrückung kombiniert. Weichgespült erreichte der Girl-Trend aber auch den Mainstream, der Versatzstücke des Riot Grrrl-Punk aufgriff - ein bauchfreies Top und ein Bindi draufklatschte und als Girl Power an die Massen verkaufte.