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Das Absurde (2)

Sinn im Unsinn

"Nichts passiert, niemand kommt, niemand geht, es ist schrecklich!", so heißt es in Samuel Becketts "Warten auf Godot". Das wahrscheinlich berühmteste Ausharren der Literatur- und Bühnengeschichte, eine Anspielung auf die Monotonie und Sinnlosigkeit des Lebens. Das Stück hat wieder Konjunktur. Renommierte Bühnenhäuser im deutschsprachigen Raum inszenieren das Paradewerk des Absurden Theaters. Parallel dazu erfahren die Kunstwerke der Dadaisten eine verstärkte Aufmerksamkeit. Die Bewegung, die das Absurde und die Sinnlosigkeit des Krieges thematisierte, findet derzeit neue Resonanz. Ernst Jandl wäre 2025 hundert Jahre alt. Im Gedenkjahr würde er womöglich auf eines seiner Gedichte verweisen. Etwa auf "Wien: Heldenplatz": "balzerig würmelte es im männechensee und den weibern ward so pfingstig ums heil", heißt es da. Jandl, der 1938 als 12-Jähriger bei der Verkündung des "Anschlusses" am Wiener Heldenplatz stand, verarbeitet in seinem Gedicht persönliche und historische Erfahrungen. In einem aktuelleren Kontext bezeichnet der US-Soziologe Richard Sennett in einem Zeit-Interview Donald Trumps Auftritt und Rede bei seiner Inauguration als "hitlerisch". Sennett sieht etwa in der Ironie eine wirksame Waffe im Kampf gegen Demagogen wie den US-Präsidenten. Demnach kann der Unsinn auch als Kunstform entlarvend sein und eine Form der Gegenwehr darstellen.

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  • Till Köppel