Erdrutsch in Sudan

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Punkt eins

Sudan: Die einzige Politik ist Krieg

Ein zerrissenes Land versinkt weiter im Chaos. Gast: Assoc. Prof. Dr. Jan Pospisil, Centre for Peace and Security, Coventry University. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Bei einem Erdrutsch in der Region Darfur im Sudan vergangene Woche dürften rund 1.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Ein ganzes Dorf wurde ausgelöscht. Die lokalen Behörden in der Bergregion haben um internationale Hilfe gebeten - alleine könne man weder Rettung noch Bergung oder Aufräumarbeiten bewältigen, so die Rebellengruppe Sudan Liberation Movement/Army (SLM/A), die das Gebiet militärisch kontrolliert und de facto auch zivil verwaltet.

Denn Sudan und Darfur im Besonderen sind ohnehin seit geraumer Zeit gleichbedeutend mit Blutvergießen und menschlichem Leid. Seit 2023 tobt ein blutiger Krieg zwischen der Regierungsarmee und der Miliz RSF (Rapid Support Forces) sowie anderen bewaffneten Gruppen. Menschenrechtsorganisationen werfen den Konfliktparteien Kriegsverbrechen vor. Mehr als 12 Millionen Sudanes:innen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Letzte Woche eskalierte der Konflikt um die Regionalhauptstadt Al-Fashir, die letzte verbliebene Großstadt in Darfur, die weiterhin unter Regierungskontrolle ist. RSF-Rebellen belagern seit über einem Jahr die Stadt und greifen auch immer wieder die umliegenden Flüchtlingslager an. Im vergangenen Monat sind dutzende Menschen bei Bombenangriffen ums Leben gekommen; zusätzlich sind innerhalb einer Woche 63 Menschen in der umzingelten Stadt an Unterversorgung gestorben. In Nyala, der von der RSF-Miliz kontrollierten Hauptstadt von Süd-Darfur, hat wiederum die Regierungsarmee am Samstag ein Krankenhaus angegriffen, berichtete die Agentur AFP.

Ein diplomatischer Konflikt schwelt außerdem mit dem benachbarten Äthiopien, das mit einem großen Nil-Staudamm die Wasserversorgung der flussabwärts gelegenen Nachbarn gefährdet. Sudan drängt auf ein Abkommen, das die Staudammbetreiber verpflichten würde, bei Dürre einen Teil des Nilwassers freizugeben. Sudan ist eines der Länder, die am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Neben Extremwetterereignissen wie der Regenflut, die den verheerenden Erdrutsch auslöste, bedroht auch wiederkehrende Trockenheit regelmäßig Ernten, Vieh und Trinkwasser. Fast 25 Millionen Menschen - etwa die Hälfte der Bevölkerung - haben nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) nicht genug zu essen. Zusätzlich tobt noch die Cholera - Ärzte ohne Grenzen (MSF) verzeichnete Mitte August rund 40 Todesfälle in einer Woche aufgrund der Krankheit, die durch verseuchtes Wasser oder kontaminierte Nahrung übertragen wird. Auch die Masern breiten sich gefährlich aus.

Die internationale Gemeinschaft, soweit sie ihre Aufmerksamkeit nicht ohnehin auf die anderen schweren Krisenherde in der Welt gerichtet hat, wirkt weitgehend ratlos. Ein hochrangiges Treffen der "Quad" (USA, UAE, Saudi-Arabien, Ägypten), das für Anfang Juli angesetzt war, wurde von den USA abgesagt. Auch bisherige Versuche, ein Vermittlungsformat zu finden, schlugen fehl.

Für Jan Pospisil vom Centre for Peace and Security der Universität Coventry ist das symptomatisch: Ein klassischer, geordneter Friedensprozess könne im politisch extrem fragmentierten Sudan nicht greifen, schrieb der Politikwissenschafter jüngst in einem Artikel für das Forschungsnetzwerk PeaceRep. Für die Konfliktparteien stünden taktische Vorteile über Versöhnung. Und die Interessen der Zivilgesellschaft scheinen überhaupt völlig aus der Gleichung gefallen zu sein.

Über die Details der komplexen Situation, aber auch über das konkrete Leid, das sie auslöst, spricht Jan Pospisil als Gast bei Xaver Forthuber und mit Ihnen: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Xaver Forthuber

Playlist

Untertitel: Emmanuel Jal Jak Gatwitch
Titel: Hadiya
Ausführende: Abdel Gadir Salim & Emmanuel Jal
Label: Riverboat Records

Untertitel: Emmanuel Jal Jak Gatwitch
Titel: Elengwen
Ausführende: Abdel Gadir Salim & Emmanuel Jal
Label: Riverboat Records

Untertitel: Emmanuel Jal Jak Gatwitch
Titel: Aiwa
Ausführende: Abdel Gadir Salim & Emmanuel Jal
Label: Riverboat Records

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