Tonspuren

Die Autorin Jaqueline Scheiber

Zwischen Literatur, Sozialarbeit und digitaler Öffentlichkeit bewegt sich Jaqueline Scheiber seit Jahren - und hat damit einen Weg eingeschlagen, der im Literaturbetrieb eher untypisch ist. Mit ihrem Debütroman "dreimeterdreißig" gelingt der 32-Jährigen auf Anhieb ein Bestseller. Auch darin bleibt sie ihrem Zugang treu: Sie erkundet, was zwischen den Schubladen liegt, für die Räume, in denen das Leben nicht eindeutig ist.

Es geht um das Ende, aber eigentlich auch nicht. Es geht um den Moment vor dem Ende. Jaqueline Scheibers im Frühjahr 2025 erschienener Roman "dreimeterdreißig" widmet sich genau diesem Zwischenraum. Im Zentrum steht Klara, eine junge Wienerin, die nach dem plötzlichen Tod ihres Partners in eine Schockstarre verfällt. Doch der Roman beschreibt nicht den Prozess der Trauerbewältigung, sondern den Moment, in dem die Zeit stillsteht - wenn die Realität abhandenkommt und Raum für magisches Denken entsteht.

Auch wenn es Jaqueline Scheibers erster Roman ist, für ihre literarische Ausdruckskraft ist die 32-Jährige schon seit Jahren im deutschsprachigen Raum bekannt. Das Feature folgt Scheibers Werdegang: Zweisprachig - Deutsch und Ungarisch - im Burgenland aufgewachsen, begann sie mit 16 Jahren, Lyrik und Prosa im Internet zu teilen - zunächst unter dem Pseudonym "Minusgold". Mit radikaler Offenheit schreibt sie über tabuisierte Themen wie Trauer, psychische Gesundheit, Körperbilder und soziale Herkunft. "Ich habe nie verstanden, warum solche universell menschlichen Empfindungen tabuisiert sind und warum wir so bemüht sind, sie zu verschleiern", sagt Scheiber, die heute in Wien lebt, im Tonspuren-Feature.

Bis 2022 arbeitete Scheiber als Sozialarbeiterin mit Suchterkrankten sowie im Kinder- und Jugendschutz. Inzwischen hat sie ihr Pseudonym abgelegt und vier Bücher unter ihrem vollen Namen veröffentlicht, darunter "Ungeschönt" und "Offenheit", die stringent um autobiografische Themen kreisen. "Dreimeterdreißig" ist ein erster bewusster Schritt in die Fiktion. Scheiber legt Wert darauf, ihre Protagonistin Klara klar von der eigenen Biografie abzugrenzen. Dennoch bleibt der Roman nah an ihrer typischen Bildsprache: poetisch, präzise und melancholisch.

In der Sendung geht es nicht nur um ihren literarischen Zugang, sondern auch um Fragen der sozialen Herkunft, um das Spannungsfeld zwischen Literaturbetrieb und Online-Community, um ihren Mut zur Offenheit - und um ihren Wunsch, als "Vertreterin des großen Pathos" in Erinnerung zu bleiben.

Das Feature führt Lesungen und Gespräche zusammen und fragt nach, wie Schreiben zur Suche nach Zugehörigkeit und zur Selbstvergewisserung wird.

"Alles Gefühlt - zwischen den Schubladen"
Eine Annäherung an den Trost der Jaqueline Scheiber
Ein Feature von Juliane Lehmayer (ORF 2025)

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