
APA/ERWIN SCHERIAU
Radiokolleg
Chronologie der Flucht nach Österreich (4)
2015 - Solidarität im Stresstest
18. September 2025, 09:05
Im Sommer 2015 rückt die Ankunft zehntausender vor allem aus Syrien stammender Geflüchteter in den Fokus von Politik und Medien. Auslöser der Flucht ist ein komplexes Zusammenspiel aus langjährigem Bürgerkrieg, staatlicher Repression, dem Vormarsch dschihadistischer Gruppierungen wie dem sogenannten Islamischen Staat sowie der weitgehenden Zerstörung ziviler Infrastrukturen. Aufgrund der geographischen Lage wird insbesondere Wien einmal mehr zu einem zentralen Knotenpunkt für diese Menschen. Diese Rolle ist historisch vertraut - neu ist jedoch die einhergehende politische und gesellschaftliche Polarisierung. Neben der stark zivilgesellschaftlich motivierten "Willkommenskultur" kommt es zu einer zunehmend emotional aufgeladenen Debatte über Migration, Integration und nationale Belastungsgrenzen. Zugleich treten strukturelle Schwächen im Asylsystem offen zutage: Erstaufnahmezentren sind überfüllt, es fehlt an Sprachkursen, Schulplätzen und Integrationsangeboten. Die Ereignisse von 2015 verdeutlichen, dass die politischen Konzepte und institutionelle Strukturen nur unzureichend der Realität von Österreich als Einwanderungsland gerecht werden. Es ist ein Wendepunkt im gesellschaftlichen Selbstverständnis der Nation. Die Frage, wie das Land migrationspolitisch, institutionell und sozial auf globale Fluchtbewegungen reagiert, bleibt auch im Lichte jüngerer Entwicklungen relevant, etwa der russischen Invasion in der Ukraine oder den anhaltenden Fluchtursachen in Teilen Afrikas, des Nahen Ostens und Südasiens.
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- Barbara Volfing