Sound Art: Zeit-Ton
Die gehörlose Komponistin Ailís Ní Ríain im Porträt
Zeit-Ton Porträt. Ailís Ní Ríain und ihr neues Werk für das ORF musikprotokoll 2025
23. September 2025, 23:03
Die irische Komponistin Ailís Ní Ríain wurde vom ORF musikprotokoll im steirischen herbst eingeladen, ein neues Werk für das ORF Radio-Symphonieorchester Wien zu schreiben. Zum Festivalthema "regel:bruch" hat sie schon von ihrer Biografie her einen eigenen Zugang: Sie ist gehörlos und definiert sich in ihrer offiziellen Biografie als "deaf/hard of hearing".
Eine gehörlose Komponistin zu sein, sei an sich schon ein Regelbruch, zieht Ní Ríain eine Parallele zum heurigen musikprotokoll-Motto: "Die Tatsache, dass ich im Bereich der zeitgenössischen Musik arbeite, ist ein Vorgang des Trotzes. Mein neues Werk für das ORF musikprotokoll und das RSO Wien zielt darauf ab, die Natur von Klang, Raum und Geste innerhalb des orchestralen Mediums zu hinterfragen." Uraufgeführt wird das Stück unter der Leitung von Vimbayi Kaziboni am Freitag, 3. Oktober 2025 in der Helmut List Halle.
Sie gehe anders an die Musik heran als andere Komponisten, sagt Ní Ríain. "Für mich ist das Orchester eine visuelle, gestische und klingende Einheit. Ich forme und konzentriere mich darauf, eine tiefempfundene, fast greifbare Klangwelt zu schaffen - denn so nehme ich Musik wahr und lade das Publikum ein, mich dabei zu begleiten."
Für den Kompositionsprozess hat sie individuelle Wege und Mittel gefunden: "Wenn ich komponiere, brauche ich oft eine digital-visuelle Darstellung des Klangs, und das kann helfen, Entscheidungen über Form, Tessitur und Klangkörper in der Zeit zu treffen", erläuterte sie im Musikmagazin "Positionen". Sie spricht sich für einen Perspektivwechsel aus: "Wir müssen dafür eintreten, dass einige von uns in der Musik, im Theater und in der experimentellen Kunst anders arbeiten und die Arbeit anders wahrnehmen."
Ní Ríain arbeitet an der Schnittstelle von Konzertmusik, Klanginstallation und Musiktheater. Ihre 2023 bei NMC Recordings erschienene Porträt-CD erhielt breite Anerkennung. Sie engagiert sich seit vielen Jahren für Inklusion und Barrierefreiheit in der Musik. Die Künstlerin wurde mit dem Paul Hamlyn Award ausgezeichnet und erhielt Kompositionsaufträge führender Orchester und Ensembles. Internationale Stipendien, Residenzen und assoziierte Künstlerpositionen führten sie nach Europa und in die USA. Zudem ist sie als Bühnenautorin tätig.
Sendereihe
Gestaltung
- Astrid Schwarz