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Punkt eins
Zeitungen für Sichtbarkeit und Teilhabe
30 Jahre AUGUSTIN und 30 Jahre Megaphon: Straßenzeitungen in Österreich. Gäste: Petra Kaspar-Buchegger, Leiterin von Megaphon; Reinhold Schachner, Redakteur bei Augustin; Susi Gollner, Verkäuferin von Augustin.
Moderation: Marina Wetzlmaier. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
26. September 2025, 13:00
Zeitungen für Sichtbarkeit und Teilhabe
30 Jahre AUGUSTIN und 30 Jahre Megaphon: Straßenzeitungen in Österreich
Das Feiern möchten sich die Mitarbeitenden der Straßenzeitung "Megaphon" nicht nehmen lassen. Auch, wenn ihnen im heurigen Jubiläumsjahr das Land Steiermark die Förderung kürzte. Anlässlich seines 30-jährigen Bestehens lädt "Megaphon" dennoch am 4. Oktober zum Jubiläumsfest nach Graz. Auch der Wiener AUGUSTIN begeht seinen 30er und im Laufe der Jahre haben sich in nahezu jedem Bundesland Straßenzeitungen gegründet.
Worum geht es ihnen? Welche Rolle spielen sie auf den Straßen, für die Menschen, die sie anbieten, für die Leserschaft und all jene, die hier eine Möglichkeit bekommen, aus ihrem Leben zu erzählen?
"Es ist mehr als eine Zeitung", sagt "Megaphon"-Leiterin Petra Kaspar-Buchegger. Als soziale Initiative bietet "Megaphon" armutsbetroffenen Menschen die Möglichkeit durch den Zeitungsverkauf einer niederschwelligen Tätigkeit nachzugehen. Sie erhalten die Hälfte des Heftpreises von 3,40 Euro. Rund 270 Verkäufer:innen sind in Graz und anderen Städten der Steiermark tätig. Sie stehen entlang von Einkaufsstraßen, auf belebten Plätzen oder vor Supermärkten, haben oft ihre Stammplätze und Stammkundschaften "Das führt zu Begegnungen und Teilhabe an der Gesellschaft", betont Kaspar-Buchegger. Durch die Förderkürzung fehlen dem Projekt nun 20.000 Euro pro Halbjahr. Ohne Förderung ist nicht nur die Existenz der Zeitung bedroht, sondern auch die Arbeit der Verkaufenden. Viele von ihnen haben keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. Spenden, die über eine Crowdfunding-Kampagne gesammelt wurden, konnten fürs Erste Abhilfe schaffen. Für 2026 bleibt die finanzielle Lage ungewiss.
In Wien feiert der AUGUSTIN ebenfalls seinen 30er. Dem Jubiläum ist aktuell eine Ausstellung im Wien Museum gewidmet, die unter dem Titel "Mehr als eine Zeitung" steht. Der AUGUSTIN zählt rund 500 registrierte Verkäufer:innen und die Zahl der Interessierten steigt. Mitmachen können grundsätzlich alle, die gesellschaftlich ausgegrenzt sind, heißt es: arbeitslose, obdach- und wohnungslose Menschen, Asylwerbende und Armutsreisende. "Der Bedarf ist hoch, aber unsere Ressourcen sind begrenzt", berichtet Redakteur Reinhold Schachner. Neue Verkäufer:innen erhalten zunächst eine Einschulung, doch die Wartezeit dafür beträgt fast eineinhalb Jahre. Gleichzeitig sinkt die Auflagenzahl. Die Inhalte des AUGUSTIN werden von Redakteur:innen verfasst, die sich als Kollektiv verstehen, als unabhängig, basisdemokratisch und kämpferisch. In ihren Artikeln greifen sie sozialpolitische Themen auf, geben Hintergrundinformationen und üben Kritik. "Wir wählen bewusst die Nischen." So beschreibt Schachner die journalistischen Stärken des Mediums.
Weitere Straßenzeitungen in Österreich sind die "Kupfermuckn" in Oberösterreich, der "20er" in Tirol, "marie" in Vorarlberg, APROPOS in Salzburg und "kaz" in Kärnten. Sie verstehen sich als Teil der Medienlandschaft mit sozialem Engagement, das Leben verändern kann. Wie jenes von Susi Gollner, die zehn Jahre lang auf den Straßen Wiens lebte und seit vielen Jahren beim AUGUSTIN ist.
Gemeinsam mit Reinhold Schachner und Petra Kaspar-Buchegger ist sie zu Gast bei Marina Wetzlmaier und berichtet sie von ihren Erfahrungen als Straßenzeitungsverkäuferin.
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Ausstellung 30 Jahre AUGUSTIN