
LUIZA PUIU
Gedanken für den Tag
In Würde daten
von Solmaz Khorsand, Journalistin
4. Oktober 2025, 06:57
Für viele kostet es Überwindung, sich auf einer Dating-App anzumelden. Es ist ein öffentliches Bekenntnis für seine Bedürfnisse und ja, auch seine Bedürftigkeit: Begehre mich, umarme mich, liebe mich.
Die Mutigen bleiben dabei nicht subtil. Sie füllen gewissenhaft jede Kategorie ihres Profils aus. Auf die Frage, wonach sie hier suchen, geben sie an: Feste Beziehung, mal sehen. Nichts Ernstes. Lebenspartnerin. Und dann gibt es die Romantiker, die schreiben: Nichts Ernstes, offen für was Festes. Oder: Will kurzfristige Beziehung, offen für was Langfristiges. Als würden sie sich mit allem, was nach diesem "Offen" steht, einen Funken Rest-Würde bewahren wollen.
Sie sind nicht so naiv zu glauben, dass es hier mit einem Swipe nach rechts getan ist mit dem Happy End, der großen Liebe. Sie wissen, wie das hier läuft. Der Markt von Angebot und Nachfrage, in dem der übrigbleibt, der seine Bedürftigkeit zu sehr zu erkennen gibt. Weil er in Wahrheit so die Bedürftigkeit aller Anwesenden spiegelt, die ihm das nicht verzeihen. Sie können es nicht verzeihen, dass es da jemanden gibt, der den Schein von Coolness nicht aufrechterhalten will, dessen Sehnsucht die eigene offenbart.
Wer will das schon? Als needy rüberkommen? Besser abgebrüht wie bei einem Casting für eine Rolle, für die man ohnehin nicht brennt, höchstens ein bisschen flackert. Um dann, wenn es doch klappen sollte, mit einem "Match", mit einem Chat, mit einem Treffen, etwas überfordert als "Feste Beziehung, mal sehen" vor "Nichts Ernstes, offen für Festes" zu sitzen mit der leisen Hoffnung, morgen zur selben Zeit nicht mehr nach rechts swipen zu müssen.
Service
Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Robert Schumann 1810 - 1856
Titel: Drei Romanzen für Oboe und Klavier op.94
* Nicht schnell (00:03:21)
Solist/Solistin: Ricardo Requejo
Solist/Solistin: Ingo Goritzki
Länge: 01:10 min
Label: Claves 508201