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Punkt eins
Nur Ja heißt Ja
Eindeutige Zustimmung als Schutz vor sexualisierter Gewalt. Gäste: Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings & Hubert Steger, Klinischer- und Gesundheitspsychologe, Fachliche Geschäftsführung der Männerberatung Wien. Moderation: Marlene Nowotny. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
7. Oktober 2025, 13:00
Derzeit wird in Österreich über eine Verschärfung des Sexualstrafrechts diskutiert: Aktueller Anlass ist der Freispruch von zehn Burschen nach einer Anklage wegen wiederholter Sexualdelikte gegen ein 12-jähriges Mädchen. Erklärt wurde der unter anderem damit, dass es kein klares "Nein" des Mädchens zu den sexuellen Handlungen gegeben habe bzw. sie sich durch Anbetteln dazu überreden ließ.
Aktuell gilt im österreichischen Sexualstrafrecht das Prinzip "Nein heißt Nein": Der Gegenwille zu einer sexuellen Handlung muss erkennbar sein, das Opfer muss die aktiv ablehnen. Damit ist nicht nur ein verbalisiertes Nein gemeint, auch Abwehrhandlungen, Schreien oder Weinen werden vor Gericht als solcher Gegenwille verstanden. Doch ein solches "Nein" zum Ausdruck zu bringen, ist Opfern nicht immer möglich, aus Angst etwa oder wegen einer Schockstarre.
Deswegen steht diese Regelung aktuell in der Kritik und soll reformiert werden. Nicht "Nein ist Nein", sondern "Nur Ja ist Ja" soll zukünftig im Sexualstrafrecht gelten und damit die Situation Betroffener verbessern. Das heißt, die Zustimmung zu sexuellen Handlungen soll durch Worte oder Taten ausgedrückt werden, damit diese einvernehmlich sind. Keinen Widerstand zu leisten, zu schweigen oder ein fehlendes "Nein" sollen vor Gericht nicht automatisch als Zustimmung gedeutet werden können.
Dieses Konsensverständnis ist in einigen EU-Ländern, darunter Schweden und Spanien, bereits festgelegt. In Schweden ist die Zahl der Verurteilungen bei Vergewaltigungen seit der Einführung von "Nur Ja heißt Ja" seit 2018 um 75 Prozent gestiegen. In Österreich könnte eine Gesetzesänderung nicht nur dazu beitragen, dass die Zahl der Verurteilungen wegen sexualisierter Gewaltdelikte steigt, das Konsensprinzip soll auch das Vertrauen der Opfer, vor allem Frauen, in die Behörden stärken. Nach wie vor schrecken viele vor einer Anzeige zurück, weil sie etwa befürchten, sich rechtfertigen zu müssen, warum sie sich nicht gewehrt haben.
Wird das "Nur Ja heißt Ja"-Prinzip die rechtliche Situation für Opfer in Österreich auch in der Praxis verbessern? Warum wird Schweigen nach wie vor als Zustimmung gedeutet? Und was muss sich im Bereich der Aufklärung über und Prävention von sexualisierter Gewalt ändern?
Über diese Fragen spricht Marlene Nowotny mit Klaudia Frieben, Leiterin des Frauenrings, und Hubert Steger, fachlicher Geschäftsführer der Männerberatung Wien.
Und mit Ihnen: Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 (kostenfrei innerhalb von Österreich) oder schreiben Sie uns per E-Mail an punkteins(at)orf.at