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Punkt eins
Die Quantenrevolutionen
Von grundlegenden Quantenphänomenen bis zur Industrie der Zukunft. Gast: Dr. Johannes Kofler, Senior Lecturer, Institut für Integrierte Schaltungen und Quantum Computing, Johannes Kepler Universität Linz. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
8. Oktober 2025, 13:00
Börsenberichte überbieten sich dieser Tage mit Superlativen, auf den Finanzmärkten herrscht derzeit spürbare Aufregung: Der Quantenhype ist los. Ob Rechenleistung, Verschlüsselung oder Medizin - das Potenzial der Quantentechnologien scheint enorm. Sind wir Teil einer neuen Quantenrevolution oder wächst eine Spekulationsblase? Um welche Technologien geht es und wie hat die Quantenphysik unser Leben bisher beeinflusst? Ist es ein Problem, das auch 100 Jahre nach Entdeckung der Grundlagen niemand so genau weiß, wie die Quantenphysik funktioniert?
Erst die Quantenphysik macht alltägliche Erfahrungen wie Sonnenlicht oder Magnetismus erklärbar und moderne Technologien wie Laser, Transistor, LEDs, Atomuhren oder Magnetresonanztomographie möglich. Was in den 1940er Jahren mit der "Ersten Quantenrevolution" begann, erreichte in den 1990ern das Zeitalter der "Zweiten Quantenrevolution", in dem man Quantenphänomene gezielt zu kontrollieren begann.
Soeben wurden die drei Quantenforscher John Clarke, Michel Devoret und John Martinis mit dem diesjährigen Nobelpreis für Physik ausgezeichnet: Ihre Arbeiten hätten "Möglichkeiten zur Entwicklung der nächsten Generation der Quantentechnologie eröffnet", lautet die Begründung, "einschließlich Quantenkryptografie, Quantencomputer und Quantensensoren".
Basis der Technologien sind die rätselhaften Gesetzmäßigkeiten der Quantenwelt: die Verschränkung, die Superposition, der reine, objektive Zufall, der Tunneleffekt; experimentell vielfach nachgewiesen, doch "radikal anders als unsere Alltagswelt", sagt Johannes Kofler, Quantenphysiker an der JKU Linz, heuer mit dem Kepler Award für seine Wissenschaftsvermittlung ausgezeichnet. "Es gibt für das Phänomen der Quantenverschränkung keine klassische Intuition, keine klassische Beschreibung, kein klassisches Verständnis."
Daher spielen Bilder eine große Rolle: Schrödingers Katze, Bertlmanns Socken, die Vorstellungen von Wellen und Teilchen, Äpfel oder "Antn" (oberösterreichisch für Enten) am JKU-Teich, mit denen in Kurzvideos quantenphysikalische Phänomene erklärt werden. Ohne Hilfsmittel bleibt die reine Mathematik und die auch nach 100 Jahren die große, faszinierende Frage, wie die Quantenphysik zu interpretieren sei. Gibt es eine objektive Wirklichkeit oder erschafft der Mensch die Realität, indem er sie beobachtet?
"Wir fassen heute nicht nur Materie als quantenphysikalisch auf, sondern damit auch den Begriff der Information (Quantum Information Age)", sagt Johannes Kofler, der zur klassischen Physik und den Grundlagen der Quantenphysik ebenso geforscht hat wie zu Digitaler Transformation und Künstlicher Intelligenz und sich in den letzten Jahren am Institut für Integrierte Schaltungen und Quantum Computing in Quanteninformation und maschinelles Lernen vertieft hat.
Österreich ist historisch wie gegenwärtig ein Zentrum der Quantenforschung und das soll diese Woche einmal mehr vermittelt und sichtbar werden: Für die "Quantenschulwoche" unter der Schirmherrschaft von quantA, einem Zusammenschluss der führenden Forschungsinstitute für Quantenphysik in Österreich, öffnen Forschende in Linz, Wien und Innsbruck in diesen Tagen ihre Räume und bieten ein vielfältiges Programm. Am 10.10. hält Johannes Kofler einen Workshop "Von Schrödingers Katze zum Quantencomputer".
Von der Technologie und ihren Grundlagen über die Forschungsfelder und Anwendungen bis zu Spekulationsblasen und der Faszination der Quantenwelt und dem diesjährigen Nobelpreis für Physik - diskutieren Sie mit Johannes Kofler und stellen Sie Ihre Fragen rund um Quantenphysik unter 0800 22 69 79 (kostenfrei innerhalb von Österreich) oder schreiben Sie uns per E-Mail an punkteins(at)orf.at
Anlässlich der Bedeutung der Quantenphysik und des 100-Jahr-Jubiläums fundamentaler Erkenntnisse hat die UNESCO 2025 das Internationale Jahr der Quantenforschung und -technologie ausgerufen. In Punkt eins diskutieren wir aus diesem Anlass immer wieder über historische Höhepunkte, zentrale Konzepte und neueste Quantenforschung aus Österreich, auch um zu zeigen, wie bemerkenswert vielfältig und herausragend die heimische Forschung ist.
Service
Johannes Kofler
Quantenforschung an der JKU
JKU quANTN - Quantenforschung erklärt mit "Antn": Finde heraus, was die Enten am JKU Uniteich, unsere "Antn" (oberösterreichisch für Enten), mit den "Quant'n" (oberösterreichisch für Quanten) gemeinsam haben und lass dir von den JKU Enten die Quantenforschung näher bringen.
quantA - Quantum science Austria: Veranstaltungshinweise
Österreichische Quantenschulwoche (6.-10. Oktober 2025): In einem eigens entwickelten Escape Game bringen Wissenschaftler:innen quantenphysikalische Konzepte direkt in Klassenzimmer in und um Wien, Linz und Innsbruck. Verlinkung:
Quantastisch! Was geht in der Quantenwelt? (10. Oktober 2025, für Schulklassen aus Wien und Umgebung): Ein Aktionstag für Schüler:innen mit Experimenten, Vorträgen und Workshops rund um die Quantenwelt.
Willkommen Quantenwelt (6. November 2025, Wiener Rathaus): Eine feierliche Abendveranstaltung zum Ausklang des UNESCO Quantenjahres - mit dem Satirikerduo Stermann und Grissemann, einem Science Slam, sowie einem Dialogformat mit Wissenschaftlern:innen und Unternehmen aus dem Quantentechnologiebereich.
Hörtipp: Dimensionen: Quantenphysik verstehen Donnerstag, 9. Oktober 2025
Sendereihe
Gestaltung
- Barbara Zeithammer