Thomas Macho

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Radiogeschichten Spezial

Machos Klassiker der Philosophie (X)

Zehn klassische Texte der Philosophie - ausgewählt und kommentiert von Thomas Macho. 10. Folge: Mahatma Gandhi: "Gewaltfreiheit" (1946)
Es liest Rafael Schuchter

In wenigen Wochen wird in zahlreichen Ländern der Welt das Weihnachtsfest gefeiert. Kaum ein Motiv ist so eng mit diesem Fest verknüpft wie die Hoffnung auf Frieden. Bis heute wird beispielsweise vom Weihnachtsfrieden am 24. Dezember 1914 erzählt, als deutsche und britische Soldaten an der Westfront, wenige Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs, eine spontane, von den Befehlshabern nicht autorisierte Waffenruhe nutzten, um miteinander Weihnachten zu feiern, Kerzen anzuzünden und kleine Geschenke auszutauschen.

Mohandas Karamchand Gandhi, Anfang 1915 von Rabindranath Tagore erstmals mit dem sanskritischen Ehrennamen Mahatma, "große Seele", begrüßt, wurde am 2. Oktober 1869 in der indischen Küstenstadt Porbandar, heute im indischen Bundesstaat Gujarat, geboren. Von 1888 bis 1891 absolvierte er in England ein Studium der Rechtswissenschaften; danach praktizierte er, zurückgekehrt in die indische Heimat, als Rechtsanwalt. 1893 reiste er nach Südafrika, wo er sich gegen Rassismus und koloniale Diskriminierung, aber auch für die Rechte der indischen Minderheit einsetzte. Ab 1915 avancierte Gandhi allmählich - nun wieder in Indien - zu einer Leitfigur der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Was er schon in Südafrika entwickelt hatte, nämlich die Ideale von "Satyagraha", der Orientierung an Wahrheit und Kraft der Liebe, sowie "Ahimsa", der Gewaltlosigkeit, bewährte sich auch im Kampf um die Befreiung und Dekolonisierung Indiens. Gandhi kämpfte gegen rassistische Diskriminierung, Nationalismus, ökonomische Ungleichheit und die Konflikte zwischen den Religionen; 1937 schrieb er: "Für mich sind die verschiedenen Religionen Blumen aus ein und demselben Garten, oder sie sind Zweige desselben majestätischen Baums. Deshalb sind sie alle in gleicher Weise wahr, auch wenn sie von uns mit unseren menschlichen Instrumenten gleichermaßen unvollkommen aufgenommen und interpretiert werden. Ich kann mich unmöglich mit dem Gedanken an Bekehrung, wie er heute in Indien und anderswo um sich greift, anfreunden. Sie ist ein Irrtum und vielleicht das größte Hindernis für den Fortschritt der Welt zum Frieden."

Die Abwürfe der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki (am 6. und 9. August 1945) erschütterten Gandhi zutiefst, wie wir auch in den folgenden Minuten hören werden. Seine Mahnungen vor einer "Hölle auf Erden", aber auch vor der stets anwachsenden Ungleichheit zwischen Reichen und Armen, wirken heute ebenso aktuell wie im Jahr 1946. Am 30. Januar 1948 wurde Gandhi - damals 78 Jahre alt - von einem fanatischen Hindu-Nationalisten erschossen.

Sendereihe

Gestaltung

  • Peter Zimmermann

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