MUMOK/GEORG PETERMICHL
Radiokolleg
Positionen in der Kunst (3)
Tobias Pils - Der bekannte Unbekannte
21. Jänner 2026, 09:30
Die mid-career Solo-Ausstellung von Tobias Pils im Wiener MUMOK im Herbst 2025, die auf zwei Ebenen des Museums sehr großzügig inszeniert wurde, bot erstmals die Möglichkeit, die Entwicklungslinien und Transformationen des Künstlers, der 1971 in Linz geboren wurde, präzise nachzuvollziehen: Pils hatte während und nach seinem Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien zunächst mit Zeichnungen auf Papier begonnen. Dann wechselte er zur Leinwand, die er allerdings horizontal am Boden auflegte und, gleich einem Jackson Pollock der Gegenwart, wenn auch mit anderer Technik, von oben bearbeitete. Man habe bei dieser Malweise "keinen Abstand, sieht nicht wirklich, was man macht. Man muss sich mehr auf die inneren Koordinaten verlassen", verlautbart der Künstler.
Ab 2014 tauchten dann erstmals die noch stark abstrahierten Konturen von menschlichen Gesichtern zwischen geometrischen Flächen und Linienrastern auf. Und bald mischte sich auch Farbe in die bislang dominierenden Grau- und Schwarztöne. Er habe einmal falsche Farbtuben gekauft, sagt Tobias Pils. Und weil das Blau nun einmal da war, habe er es eben verwendet.
Neuerdings widmet sich der Künstler dem scheinbar anachronistischen Format des Stillebens und malt Gläser, Kerzen und welkende Blumen, die, wie er lakonisch anmerkt, "einfach im Atelier herumgestanden sind." Tobias Pils ist einer der aufregendsten Maler, die Österreich derzeit zu bieten hat, weil er es schafft, seine Kunst mit Dringlichkeit auszustatten: Schlichte Formen und eine reduzierte Farbpalette genügen, um eine suggestive Ästhetik der Reduktion zu entwerfen, banale Gegenstände werden transzendiert und erhalten eine existentielle Dimension.
Es ist eine Kunst, die Farben und Formen für die Krankheit - überspitzt gesagt: die malaise du Siècle - zu finden versucht und es schafft, malerische Klischees zu vermeiden. Die verstorbene Lyrikerin Friederike Mayröcker habe einmal zu ihm gesagt: "Tobias, das Figurative ruft dich", erzählt der Künstler. "Sie hat genau den Wandel vorausgesagt, der sich in meiner Karriere vollzogen hat und der in dieser Ausstellung nachgezeichnet wird."
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- Thomas Mießgang
