Familiengeschichten, Heimkehrer
Vater ließ die Leute fürs Mehl anschreiben
Von: Maria Peham, Jahrgang 1968 | 18. April 2025, 14:51
Mein Vater ist mit 17 zur Ausbildung als Soldat nach Frankreich geschickt worden und war dann in russischer Gefangenschaft. Die Ereignisse haben ihn lebenslang geprägt. Eine Depression, die sich im Alter zu einem schweren Verlauf entwickelt hat.
Nach dem Krieg hat er, wie vorgesehen, die Mühle in Oberösterreich übernommen, im Tal der sieben Mühlen, wo ich auch aufgewachsen bin. (..) Und nach dem Krieg, hat er dann immer erzählt, waren viele Leute sehr hungrig und konnten nicht zahlen, wenn sie Mehl geholt haben in der Mühle. Er hat sie nie weggeschickt, sondern hat sie anschreiben lassen. Und vieles wurde auch dann nicht bezahlt. Und die Anekdote dazu war, als in den 70er Jahren mein Bruder ein Mofa hatte, hat ihn mein Vater losgeschickt und gemeint, es gibt noch Leute, die ihm Geld schulden, und wenn er das eintreiben mag, kann er es behalten. Mein Bruder war sehr geschäftstüchtig und hat das dann gemacht.
Meine Oma, die ich nie gekannt habe, ist kurz nach dem Krieg 1948 gestorben. Mein Vater war damals von der Kriegsgefangenschaft erst kurz zurück. Sie ist an einer Lungenentzündung verstorben im Elisabethinen-Spital in Linz. Das war ein sehr plötzlicher Tod. Mein Vater war damals erst 22 Jahre alt. An dem, wie er das immer erzählt hat, hat man gemerkt, dass das ganz schreckliche Verhältnisse waren im Spital, am Gang viele Betten, und ganz viel Leid, und die Menschen waren sich selbst überlassen. Mein Vater hat kaum Worte dafür gefunden, das zu beschreiben. Das war sehr dramatisch, und muss mit der schlechten Gesundheitsversorgung nach der Kriegszeit zu tun gehabt haben.
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