Wien: Gratis-Nachhilfe, Zusatzstunden gestrichen

Sparen bei der Bildung soll nicht in den Klassen, also für die Schüler spürbar sein - das hat die SPÖ-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek versprochen. Allerdings, das Versprechen hält nicht überall: In den Wiener Volksschulen zum Beispiel gibt es massive Kürzungen bei Zusatzstunden etwa für Sport, Musik und Begabtenprojekte. Es gibt zu wenig Geld für immer mehr Schüler. Die Konsequenz der Stadt Wien lautet: Gratis-Nachhilfe für Risikoschüler.

Mittagsjournal, 5.7.2014

Hilfe für sozial Schwache

Die Zahl der Volksschüler in Wien wächst, und dafür gibt es auch mehr Geld aus dem Finanz-Ausgleich. Aber nicht genug, um das Niveau des Angebots zu halten. 1,5 Wochenstunden pro Klasse werden im kommenden Schuljahr gekürzt, macht bei manchen Schulen bis zu 18 Wochen-Stunden aus. Unverbindliche Übungen in Englisch oder Italienisch, Bewegtes Lernen, Begabten-Projekte - da wird gestrichen, wie der Wiener Landesschulinspektor Wolfgang Gröpel bestätigt.

Eingeschränktere Möglichkeiten nennt es der Herr über alle Pflichtschulen aus dem Wiener Stadtschulrat. Betroffene Eltern sind wütend und verunsichert, auch unter den Lehrern herrscht Unruhe. Dabei ist Geld vorhanden. Die Stadt investiert ab Herbst bis zu 20 Millionen Euro in einen Förderunterricht, der Gratis-Nachhilfe genannt wird und ein Wahlzuckerl der Wiener SPÖ darstellt. Einen Zusammenhang mit den Stundenkürzungen stellt die Wiener SPÖ entschieden in Abrede, obwohl es natürlich einen gibt. Landesschulinspektor Gröpel sagt, es gehe darum die Grundkompetenzen zu vermitteln.

Nämlich die, Stundenkürzungen bei attraktiven und Sinne der Schulautonomie sehr wichtigen Zusatzangeboten aufzufangen. Das habe man bewusst nicht getan, verweist Wolfgang Gröpel auf den mit 4,5 Prozent hohen Anteil an Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Wien.

Also lieber Gratis-Nachhilfe für die sozial Schwachen statt Zuckerln für die Bobos - wie der Wiener SPÖ-Chef Häupl die Wähler-Klientel des grünen Koalitionspartners abschätzig nennt. Die Grünen tun sich mit dem Thema entsprechend schwer und halten sich zurück. Wolfgang Gröpel vom Stadtschulrat kommt auf den Punkt: diese Kinder sind später besser vermittelbar für Lehrstellen.

Für die Kür wäre also der Bund zuständig. Doch das Bildungsministerium nimmt dazu inhaltlich gar nicht Stellung, sondern zieht sich auf den formalen Standpunkt zurück: Der Finanzausgleich gebe vor, wie die Mittel verteilt werden. Ob dieser Schlüssel geändert werden muss, werde sich in den Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich zeigen. Der alte läuft noch bis Ende 2016 - und bis dahin wird zumindest in Wien auch weiter in den Klassen gespart werden.