Bildungsvolksbegehren: Zorn über Stillstand

Vor zweieinhalb Jahren haben Hannes Androsch und Gleichgesinnte das Bildungsvolksbegehren eingeleitet - fast 400.000 Personen sind dem Aufruf gefolgt. Viel geschehen ist aber nicht - darauf haben die Bildungsaktivisten gestern die Bildungssprecher der Parteien hingewiesen und ihrem Zorn deutlich Luft gemacht.

Morgenjournal, 18.6.2014

"Wir sind ganz unzufrieden"

Am vornehmsten formuliert es noch Hannes Androsch und findet auch noch einen positiven Aspekt: "Mit den Beschluss- und Umsetzungsergebnissen sind wir keineswegs zufrieden. Mit der Bewusstseinsbildung sehr wohl." Andrioschs Mitstreiter geben sich weniger diplomatisch. Die ehemalige AHS-Direktorin Heidi Schrodt: "Unter den Initiatoren und Initiatorinnen des Bildungsvolksbegehrens herrscht hundertprozentige Übereinstimmung, dass wir ganz unzufrieden sind mit dem, was seither nicht geschehen ist." Und der langjährige Musik- und Mathematik-Lehrer Daniel Landau meint: "Ich finde es schwer erträglich, was ich hier teilweise zu hören bekomme, weil wir jedes Jahr zehntausend Bildungsverliererinnen haben, das sind die Kinder, die jedes Jahr aus dem Bildungssystem fallen. Und wir sehen zu und machen nichts dagegen."

Raphaela Keller vom Dachverband der Kindergarten- und Hortpädagoginnen stellt fest: "Es ist für alle klar: Kindergarten ist Bildungseinrichtung eigentlich, aber eigentlich auch nicht. Und der Föderalismus hemmt, und eigentlich wollen wir ja eh mit diesem Bildungsrahmenplan und so. Aber da passiert viel zu wenig."

Christa Könne, Bildungsexpertin und ehemalige PISA-Koordinatorin: "Der Konsens, den ich wahrgenommen habe, bezieht sich ausschließlich darauf, dass wir uns darauf einigen können, dass wir mit dem Ist-Zustand unzufrieden sind. Kaum geht es um Konkreteres, nämlich um die großen Themen, von denen wir letztlich wissen, wie sie zu lösen wären, das ist die gemeinsame Schule der Schulpflichtigen und das sind die ganztägigen Schulformen - kaum gehen wir diese Themen an, wird der Dissens sichtbar."

Umsetzung 2019?

Das trifft auch zu beim Thema gemeinsame Schule bis 14 oder 15 Jahre. ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank sagt dazu, wie auch FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz: "Nein", und zwar mit folgenden Worten: "Wenn man sich Länder anschaut, die die gemeinsame Schule haben, dann fallen die zurück in ihrer Entwicklung." NEOS-Sprecher Matthias Strolz, mit seiner Partei ein Befürworter der gemeinsamen Schule: "Der große Wurf wird in dieser Periode nicht kommen. Das halte ich für ausgeschlossen. Weil die Entschlossenheit der Spitzenakteure fehlt. Wenn wir ein realistische Szenario hinterlegen für eine gemeinsame Schule mit hoher Autonomie, dann können wir frühestens 2019 in eine legistische Umsetzung kommen."

So viel Zeit will Hannes Androsch der Regierung und dem Parlament nicht gewähren. Er wünscht sich, dass das Jahr 2015 zum Jahr der Bildungsreform wird.