Erinnerungsstücke aus diversen Programmen

Düringers "Einzelstück"

Eines Tages ist er vor sein Publikum getreten und hat sein "Einzelstück" vorgestellt. Roland Düringer, selbst eine Ausnahmeerscheinung in der österreichischen Kabarettszene, hat seine Werkschau langsam und ohne Premiere gestartet.

Kein Düringer ohne GTI

Drei Koffer bringt Roland Düringer für sein aktuelles Solo namens "Einzelstück" mit auf die Bühne: einen schwarzen Aktenkoffer, einen schon etwas ramponierten Lederkoffer und ein buntes Gepäckstück aus dem Sortiment der bei Kindern höchst beliebten Prinzessin Lillifee. Die Inhalte dieser Koffer, so sagt es der Kabarettist, stehen für Erinnerungen; Erinnerungen an frühere Programme, an Stilmittel, an Grundthemen aus Roland Düringers höchst erfolgreicher, mittlerweile 13-jähriger Karriere als Solist.

"Einzelstück" ist keine Werkschau im herkömmlichen Sinn. Wie bei seinem Improvisationsstück namens "Regenerationsabend", bei dem das Publikum durch Zuruf die Themen des Abends bestimmen konnte, überlässt Roland Düringer seinen Zuschauern auch diesmal eine Entscheidung. Allerdings nur scheinbar. Er wünscht einen Mehrheitsbeschluss auf emotionaler Basis. Will man lieber die Inhalte eines Koffers mit Zahlenschloss sehen? Soll das patinabehaftete Gepäckstück geöffnet werden oder lieber das bunte? Hat man wirklich eine Wahl?

Kabarett und Demokratie

"Ich erkläre gleich am Anfang, welche Möglichkeiten es bei meinem Abend gibt", so Düringer. "Erstens: Ich könnte den Koffer selbst bestimmen und aufmachen. Zweitens: Es gibt die Möglichkeit, dass einer aus dem Publikum diese Funktion übernimmt und bestimmt, welcher Koffer geöffnet wird. Das ist die Situation, die unserem Leben am nächsten ist. Wir haben Parteien, Minister, die bestimmen, was durchgesetzt wird. Dann biete ich noch als dritte Variante die wirkliche Demokratie an, dass alle mitentscheiden. Nach Stärke des Applauses ist es ja messbar, welcher Koffer vorgezogen wird. Was ich aber dazusage - ich weiß schon zuvor, wofür sich die Leute entscheiden werden, ich kann steuern, durch Lichteffekt und auch dadurch, wie ich die Koffer auf der Bühne aufstelle. Und ich finde, es ist eine schöne Parabel auf das Leben. Man glaubt nämlich nur, dass man individuelle Entscheidungen trifft. Vieles ist aber gesteuert."

Alte Bekannte

Das Publikum hatte zwar keine Wahl, dennoch wird sie getroffen. Aus dem Lillifee-Koffer quillt ein Apfel - für Roland Düringer Symbol dafür, dass es an diesem Abend unter anderem auch um Personen geht, die es gut mit ihren Mitmenschen meinen und darin gnadenlos sind. Sie haben immer Ratschläge und Meinungen parat, die es dem Gegenüber aufzudrängen gilt. Und von dieser Spezies lässt Roland Düringer einige Exemplare aus seinen früheren Programmen auftreten, alte Bekannte aus "Superbolic", aus der "Viertelliterklasse" und den "Benzinbrüdern".

Auch aus "Hinterholzacht", seinem genialen Häuslbauerdrama aus dem Jahr 1994, lässt Roland Düringer einige Helden und den großen Antihelden zu Wort kommen. So entsteigt dem Lillifee-Koffer ein etwas geläuterter, aber nach wie vor von der Idee des Eigenheims beseelter Herbert Krcal, der mit Sohn Philipp und Frau Margit die enge Stadtwohnung endgültig hinter sich lassen will. Und weil es das Schicksal nicht wirklich gut mit ihm meint, entpuppt sich sein Traumhaus irgendwo im Wienerwald als renovierungsresistenter Albtraum.

Hubraum statt Wohnraum

Roland Düringer sortiert die Erinnerungen aus dem bunten Koffer mit Prinzessin-Motiv. Eigentlich war das "Einzelstück" als Silvestergala geplant gewesen. Am 31. Dezember 2006 wollte der Kabarettist damit in der Stadthalle sein Publikum überraschen. Dann kam es anders. Gemeinsam mit Lukas Resetarits - wie Düringer ein Silvester-Flüchtiger - wurde mit viel Improvisation ein Galaabend entwickelt und letztendlich führten die beiden Künstler die Besucher der Wiener Stadthalle gemeinsam in das neue Jahr.

Das "Einzelstück" war aber schon teilweise konzipiert und weil es doch am letzten Dezemberabend zum Haupteinsatz kommen sollte, waren auch Weihnachtsgeschichten aus dem Programm "Benzinbrüder" vorgesehen. Selbige Erinnerungen an den letzten Einkaufstag vor Weihnachten sind auch im bunten Koffer verstaut und die zweite Hälfte dieser "Einzelstück-Ausgabe" steht daher auch im Zeichen des Benzinbruders, der mit dem Ausspruch "Besser Hubraum als Wohnraum" Furore gemacht hat. Das Publikum darf ihn in dabei beobachten, wie Jahre später sein generalstabsmäßiger Plan zur Beschaffung der Weihnachtsgeschenke wieder über den Haufen geworfen wird.

Impro-Theater und Kabarettsport

Roland Düringer ist mit seinem "Einzelstück" ein Programm gelungen, das für alle Beteiligten Überraschungen auf Lager hat. Zum Einen kann man letztendlich doch nie genau wissen, mit welchem Erinnerungsschatz der Kabarettist am Abend vor sein Publikum tritt - auch für Roland Düringer ist es immer wieder ein spannender Einsatz, denn vielleicht wird ja doch einmal der schwarze Zahlenkoffer außerhalb des Schweinwerferkegels zum Objekt der Begierde für das Publikum.

Die Koffer sind tatsächlich mit Erinnerungsstücken aus diversen Programmen gefüllt - also keine Chance zu sprunghaften Entscheidungen seitens des Künstlers. Vermutlich gibt es wenige Kabarettisten, die diese Art der Konfrontation und Kommunikation mit den Zuschauern nicht nur wirklich mögen, sondern auch bravourös bewältigen. Roland Düringer stellt jedenfalls in seinem Programm, das jeden Abend ein "Einzelstück" für sich ist, einmal mehr unter Beweis, was er als Kabarettist, Schauspieler und unglaubliches Improvisationsgenie drauf hat.

Überraschen lassen können sie sich von Roland Düringer wieder am 2. Mai 2007 in der Roseggerhalle in Birkfeld in der Steiermark, am 3. Mai 2007 im Grazer Orpheum, am 8. Mai 2007 im Stadttheater von Wiener Neustadt und am 9. Mai 2007 in der Cselley-Mühle in Oslip.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 13. April 2008, 22:05 Uhr

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