Neue Arbeitsplätze durch Raffinerie in Hohenau?

Biodiesel statt Zucker

Vor einem Jahr wurde die Zuckerfabrik Hohenau zugesperrt. Eine Katastrophe für die ganze Grenzregion. Doch demnächst wird eine Biodieselproduktion anlaufen, und auch über sanften Tourismus in den March-Thaya-Auen wird bereits intensiv nachgedacht.

Hohenauer Bürgermeinungen über die derzeitige Situation

Knapp 150 Jahre lang wurde die Marktgemeinde Hohenau an der March von einer Zuckerfabrik geprägt. Jede Familie des rund 3.000 Einwohner zählenden Ortes war mit der Fabrik involviert. Das Aus des Werkes im Jänner 2006 bedeutete das Ende einer Ära und hinterließ viele Bewohner fassungslos und ohne berufliche Perspektive.

Das Leben danach

Das Ortsbild von Hohenau hat sich nach der Schließung der Zuckerfabrik geändert: kein Dampf mehr, keine Lichtersilhouette der nächtlichen Fabrik, kein Gestank der Kläranlagen und kein süßlicher Geruch der Zuckerproduktion. Nichts erinnert mehr an den regen Betrieb der etwa 136 Mitarbeiter der ehemaligen Zuckerfarbrik.

Vor allem ältere Hohenauer fühlen sich ihrer Identität beraubt und in die Bedeutungslosigkeit versetzt. Man zahlt die Zeche dafür, dass man bei der Neuordnung des europäischen Zuckermarktes übergangen wurde, wird allgemein betont. Auch von der Landespolitik fühlt man sich im Stich gelassen.

Ein Bürgermeister in Nöten

Bürgermeister Robert Freitag hat allen Grund zur Sorge: 140 Arbeitsplätze gingen verloren. Das Gemeindebudget muss auf 220.000 Euro Kommunalsteuer verzichten, die die Firma Agrana jährlich abgeführt hat.

Am schlimmsten ist die Situation auf dem Arbeitsplatzmarkt. Diesbezüglich ist die Grenzregion ohnehin ein Notstandsgebiet. Jetzt aber ist Hohenau endgültig zur Pendlergemeinde degradiert. Insgesamt wird von 1.900 Arbeitsplätzen in ganz Niederösterreich gesprochen, die vom Schließen der Fabrik betroffen sind: Rübenbauern, Transportunternehmer, viele Kleinbetriebe die im Auftrag der Agrana tätig waren.

Ende ohne Protest

Ehemaligen Betriebsräten wird vorgeworfen, sie hätten die Schließung des Werkes widerstandslos hingenommen. Die Betriebsräte wiederum berufen sich auf soziale Leistungen, die sie für die 140 betroffenen Mitarbeiter des Werkes ausgehandelt hätten und die über das gesetzlich Vorgeschriebene hinausreichen: ein Sozialplan, Altersteilzeitmodelle und eine Arbeitsstiftung, die Kurse anbietet, bei Bewerbungen hilft und Umschulungen organisiert.

Tatsache ist jedenfalls, dass sich der Großteil der arbeitslos gewordenen Hohenauer sich mit den tristen Erfahrungen der Arbeitssuche und Ablehnung konfrontiert sehen.

Alternative Biodiesel

Auf einem Teil des Geländes der geschlossenen Zuckerfabrik ist nun eine Biodieselanlage im Entstehen - ein Werk, das immerhin 30 ehemaligen Mitarbeitern wieder Arbeit bieten soll. Die Firma Agrana hat der ABID-Biotreibstoffe AG Teile des Firmengeländes verkauft.

Das bei der Erzeugung von Biodiesel benötigte Saatgut will ABID von heimischen Landwirten ankaufen. In einer ersten Phase wird ABID 10,5 Millionen Euro investieren. Die Anlage soll jährlich 50.000 Tonnen Biosprit produzieren; ab 2008 soll die Produktion dann auf 100.000 Tonnen erhöht werden.

Aussichten ohne Zimmer

Eine weitere Alternative, um die Grenzregion zu beleben, sieht die Hohenauer Gemeinde im Forcieren des Tourismus. March-Thaya Auen, Kellergassen und andere Reize des Weinviertels sollen die Gäste anlocken. Fahrradreisende auf den Radwanderwegen machen jedoch nur selten Halt in Hohenau, denn derzeit gibt es noch kaum Gästezimmer. Dies werde sich aber durch diverse Förderungen seitens der Regierung ändern, gibt man sich optimistisch.

Vogelparadies
Die einzigen Gäste sind momentan allerdings Zugvögel, die in Hohenau Rast einlegen: Gänse, Reiher, Seeadler und viele andere seltene Wat- und Wasservögel, die kurioserweise durch die Zuckerfabrik angelockt wurden. Mit großen Kühlbecken, die man aus Umweltschutzgründen angelegt hat, entstanden künstliche große Wasserflächen, die den March-Auen durch Begradigungen verloren gegangen waren.

Vogelkundler bezeichnen Hohenau als das zweitgrößte Vogelschutzgebiet Österreichs. Werden diese Becken nicht mehr bewässert, trocknen sie aus und werden für die Vögel bedeutungslos. Auch hier steht der Verein "Auring“ derzeit mit der Gemeinde und Agrana in Verhandlungen über eine künftige künstliche Bewässerung.

Hör-Tipp
Journal-Panorama, Montag, 15. Jänner 2007, 18:25 Uhr

Links
Minas - ABID AG
Verein Auring
Agrana
Hohenau an der March