"Der inneren Stimme vertrauen"
Wolfgang Muthspiel, Jazzmusiker und Plattenboss
Wolfgang Muthspiel, Jahrgang 1965, gehört zu den besten Jazzgitarristen der Welt. Bereits in den 1990er Jahren erspielte er sich diesen Ruf in New York, seit 2002 lebt er wieder in Wien. 2003 wurde er zum europäischen Jazzmusiker des Jahres gewählt.
8. April 2017, 21:58
Die Aufnahme seiner jüngsten Trio-CD "Bright Side" mit den aus Tirol stammenden Zwillingsbrüdern Andreas Pichler (Schlagzeug) und Matthias Pichler (Bass) kommentierte Wolfgang Muthspiel mit den Worten "Der Musik geht kein Gedanke mehr voraus". Muhspiel meint damit "Dinge zu spielen, die man innerlich hört."
Genau das vermittelt dieses Trio: Verschmelzungskunst auf höchstem Niveau, gepaart mit Vielfalt und doch überraschender Drei-Einigkeit, welche Gitarre, Bass und Schlagzeug auf weiten Strecken zu einem Instrument verschmelzen lässt. Muthspiel ist an jenem Punkt angelangt, an dem er "nur mehr" Musik nach Emotionen machen möchte. Und das scheint die wahre Kunst von Musik zu sein.
Klassik und Jazz
1965 in der steirischen Kleinstadt Judenburg geboren, lernt Muthspiel im Alter von sechs Jahren, angeregt durch den Mozart-begeisterten Vater, Geige zu spielen. Mit 14 bringt er sich selbst das Gitarre spielen bei und beginnt mit seinem um drei Jahre älteren Bruder Christian (Posaune/Klavier) "etwas Sinnvolles" zu machen, welches seinen ersten Höhepunkt im Jahr 1982 mit dem gemeinsamen Konzert des "Duo Due" in einer Scheune in Oberösterreich fand.
Obwohl sich ihre Wege dann auch wieder trennten, findet sich die musikalische Vertrautheit mit seinem Bruder in immer wiederkehrenden verschiedensten Zusammenarbeiten.
Muthspiel besucht die Begabtenklasse der Grazer Musikhochschule und gewinnt den österreichischen "Jugend musiziert"-Preis. Das Interesse für improvisierte Musik führt schließlich zum Jazz und seinen bis heute gültigen Heroen Keith Jarrett, Jan Garbarek, Pat Metheny, Dave Holland und Jack De Johnette.
Der Schritt über den großen Teich
1986 siedelte er nach Berklee, um sich von Mick Goodrick mittels Stipendium in die Geheimnisse harmonischer Zusammenhängen einführen zu lassen. Ab 1988 folgte eine intensive Schaffensphase. Drei Jahre spielt er im Quintett des weltberühmten Vibraphonisten Gary Burton. 1989 erfolgte Muthspiels erste CD-Produktion "Timezones" als Bandleader mit dem Wolfgang Muthspiel Trio, und diese Produktion legte den Grundstein für eine weltweit beachtete internationale Karriere als Jazzgitarrist.
Es folgte 1991 die CD "The Promise" mit Bob Berg, Richie Beirach, John Patitucci und Peter Erskine, die Wolfgang Muthspiel endgültig in den USA etablierte. Weitere Konzerte führten ihn rund um den Globus, und er spielte unter anderem mit Marc Johnson, Paul Motian, David Liebman, Mick Goodrick in diversen Besetzungen sowohl als Leader als auch als Sideman. Dabei zeigte sich, dass Muthspiel, im ständigen Wechsel zwischen akustischer und elektrischer Gitarre, ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Stilen aufzuweisen hatte. Er will sich nicht nur auf einen Stil festlegen lassen: "Über die Jahre wird man schon so was, wie ein eigenes Ding finden".
Neue Wege
Nach 16 Jahren in Amerika kehrte Muthspiel wieder nach Österreich zurück. Er schlägt seine Zelte in Wien auf. 2000 gründete er das Label "Material Records". Muthspiel: "Es geht viel schneller, die eigene Musik herauszubringen. Das eigentlich Schöne daran ist aber, dass ich der Öffentlichkeit Musiker vorstellen kann, an die ich glaube." Darunter auch der amerikanische Schlagzeuger Brian Blade, mit dem er beim heurigen Inntöne-Festival in Oberösterreich im Duo auftrat.
Das Aufeinandertreffen der beiden Ausnahmemusiker Brian Blade und Wolfgang Muthspiel ist ein besonderes Ereignis. Das Duo schafft mit Hilfe von live-sampling eine orchestrale Dichte ohne die intime Atmosphäre einer Duobesetzung zu brechen. Brian Blade spielt im Duo neben Schlagzeug aber auch Gitarre - das wiederum bringt einen gewissen Songcharakter zum Vorschein. Wolfgang Muthspiels zukünftige Projekte werden mit Sicherheit noch einiges zu bieten haben.
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